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DUNOIS. Was zagt das Volk? Was zittern selbst die F¸rsten? Sie ist unschuldig–Ich verb¸rge mich,
Ich selbst, f¸r sie mit meiner F¸rstenehre! Hier werf ich meinen Ritterhandschuh hin, Wer wagte, sie eine Schuldige zu nennen? (Ein heftiger Donnerschlag, alle stehen entsetzt)

THIBAUT. Antworte bei dem Gott, der droben donnert! Sprich, du seist schuldlos. Leugn es, dafl der Feind In deinem Herzen ist, und straf mich L¸gen! (Ein zweiter st‰rkerer Schlag, das Volk en Sieht zu allen Seiten)

BURGUND. Gott sch¸tz uns! Welche f¸rchterliche Zeichen!

DU CHATEL (zum Kˆnig).
Kommt! Kommt, mein Kˆnig! Fliehet diesen Ort!

ERZBISCHOF (zur Johanna).
Im Namen Gottes frag ich dich. Schweigst du Aus dem Gef¸hl der Unschuld oder Schuld, Wenn dieses Donners Stimme fiir dich zeugt, So fasse dieses Kreuz und gib ein Zeichen!

(Johanna bleibt unbeweglich. Neue heftige Donnerschl‰ge. Der Kˆnig, Agnes Sorel, Erzbischof, Burgund, La Hire und Du Chatel gehen ab)

VIERTER AUFZUG

Zwˆlfter Auftritt

Dunois. Johanna

DUNOIS. Du bist mein Weib–Ich hab an dich geglaubt Beim ersten Blick, und also denk ich noch. Dir glaub ich mehr als diesen Zeichen allen, Als diesem Donner selbst, der droben spricht. Du schweigst in edelm Zorn, verachtest es, In deine heilge Unschuld eingeh¸llt,
So sch‰ndlichen Verdacht zu widerlegen. –Veracht es, aber mir vertraue dich,
An deiner Unschuld hab ich nie gezweifelt. Sag mir kein Wort, die Hand nur reiche mir Zum Pfand und Zeichen, dafl du meinem Arme Getrost vertraust und deiner guten Sache. (Er reicht ihr die Hand hin, sie wendet sich mit einer zuckenden Bewegung von ihm hinweg; er bleibt in starrem Entsetzen stehen)

VIERTER AUFZUG

Dreizehnter Auftritt

Johanna. Du Chatel. Dunois. Zuletzt Raimond

DU CHATEL (zur¸ckkommend).
Johanna d’Arc! Der Kˆnig will erlauben, Dafl Ihr die Stadt verlasset ungekr‰nkt. Die Tore stehn Euch offen. F¸rchtet keine Beleidigung. Euch sch¸tzt des Kˆnigs Frieden– Folgt mir, Graf Dunois–Ihr habt nicht Ehre, Hier l‰nger zu verweilen–Welch ein Ausgang! (Er geht. Dunois f‰hrt aus seiner Erstarrung auf, wirft noch einen Blick auf Johanna und geht ab. Diese steht einen Augenblick ganz allein. Endlich erscheint Raimond, bleibt eine Weile in der Ferne stehen, und betrachtet sie mit stillem Schmerz. Dann tritt er auf sie zu und faflt sie bei der Hand)

RAIMOND. Ergreift den Augenblick. Kommt! Kommt! Die Straflen Sind leer. Gebt mir die Hand. Ich will Euch f¸hren. (Bei seinem Anblick gibt sie das erste Zeichen der Empfindung, sieht ihn starr an und blickt zum Himmel, dann ergreift sie ihn heftig bei der Hand und geht ab)

F‹NFTER AUFZUG

Ein wilder Wald, in der Ferne Kˆhlerh¸tten. Es ist ganz dunkel, heftiges Donnern und Blitzen, dazwischen Schieflen

Erster Auftritt

Kˆhler und Kˆhlerweib

K÷HLER. Das ist ein grausam, mˆrdrisch Ungewitter, Der Himmel droht in Feuerb‰chen sich
Herabzugieflen, und am hellen Tag
Ists Nacht, dafl man die Sterne kˆnnte sehn. Wie eine losgelaflne Hˆlle tobt
Der Sturm, die Erde bebt und krachend beugen Die alt verj‰hrten Eschen ihre Krone.
Und dieser f¸rchterliche Krieg dort oben, Der auch die wilden Tiere Sanftmut lehrt, Dafl sie sich zahm in ihre Gruben bergen, Kann unter Menschen keinen Frieden stiften– Aus dem Geheul der Winde und des Sturms
Heraus hˆrt ihr das Knallen des Gesch¸tzes; Die beiden Heere stehen sich so nah,
Dafl nur der Wald sie trennt, und jede Stunde Kann es sich blutig f¸rchterlich entladen.

K÷HLERWEIB. Gott steh uns bei! Die Feinde waren ja Schon ganz aufs Haupt geschlagen und zerstreut, Wie kommts, dafl sie aufs neu uns ‰ngstigen?

K÷HLER. Das macht, weil sie den Kˆnig nicht mehr f¸rchten. Seitdem das M‰dchen eine Hexe ward
Zu Reims, der bˆse Feind uns nicht mehr hilft, Geht alles r¸ckw‰rts.

K÷HLERWEIB. Horch! Wer naht sich da?

F‹NFTER AUFZUG

Zweiter Auftritt

Raimond und Johanna zu den Vorigen

RAIMOND. Hier seh ich H¸tten. Kommt, hier finden wir Ein Obdach vor dem w¸tgen Sturm. Ihr haltets Nicht l‰nger aus, drei Tage schon seid Ihr Herumgeirrt, der Menschen Auge fliehend, Und wilde Wurzeln waren Eure Speise.
(Der Sturm legt sich, es wird hell und heiter) Es sind mitleidge Kˆhler. Kommt herein.

K÷HLER. Ihr scheint der Ruhe zu bed¸rfen. Kommt! Was unser schlechtes Dach vermag, ist euer.

K÷HLERWEIB. Was will die zarte Jungfrau unter Waffen? Doch freilich! Jetzt ist eine schwere Zeit, Wo auch das Weib sich in den Panzer steckt! Die Kˆnigin selbst, Frau Isabeau, sagt man, L‰flt sich gewaffnet sehn in Feindes Lager, Und eine Jungfrau, eines Sch‰fers Dirn, Hat f¸r den Kˆnig unsern Herrn gefochten.

K÷HLER. Was redet Ihr? Geht in die H¸tte, bringt Der Jungfrau einen Becher zur Erquickung. (Kˆhlerweib geht nach der H¸tte)

RAIMOND (zur Johanna).
Ihr seht, es sind nicht alle Menschen grausam, Auch in der Wildnis wohnen sanfte Herzen. Erheitert Euch! Der Sturm hat ausgetobt, Und friedlich strahlend geht die Sonne nieder.

K÷HLER. Ich denk, ihr wollt zu unsers Kˆnigs Heer, Weil ihr in Waffen reiset–Seht euch vor! Die Engell‰nder stehen nah gelagert,
Und ihre Scharen streifen durch den Wald.

RAIMOND. Weh uns! Wie ist da zu entkommen?

K÷HLER. Bleibt,
Bis dafl mein Bub zur¸ck ist aus der Stadt. Der soll euch auf verborgnen Pfaden f¸hren, Dafl ihr nichts zu bef¸rchten habt. Wir kennen Die Schliche.

RAIMOND (zur Johanna). Legt den Helm ab und die R¸stung, Sie macht Euch kenntlich und besch¸tzt Euch nicht. (Johanna sch¸ttelt den Kopf)

K÷HLER. Die Jungfrau ist sehr traurig–Still! Wer kommt da?

F‹NFTER AUFZUG

Dritter Auftritt

Vorige. Kˆhlerweib kommt aus der H¸tte mit einem Becher. Kˆhlerbub

K÷HLERWEIB. Es ist der Bub, den wir zur¸ckerwarten. (Zur Johanna) Trinkt, edle Jungfrau! Mˆgs Euch Gott gesegnen!

K÷HLER (zu seinem Sohn). Kommst du, Anet? Was bringst du?

K÷HLERBUB (hat die Jungfrau ins Auge gefaflt, welche eben den Becher an den Mund setzt; er erkennet sie, tritt auf sie zu und reiflt ihr den Becher vom Munde). Mutter! Mutter! Was macht Ihr? Wen bewirtet Ihr? Das ist die Hexe Von Orleans!

K÷HLER und K÷HLERWEIB. Gott sei uns gn‰dig! (Bekreuzen sich und entfliehen)

F‹NFTER AUFZUG

Vierter Auftritt

Raimond. Johanna

JOHANNA (gefaflt und sanft).
Du siehst, mir folgt der Fluch, und alles flieht mich, Sorg f¸r dich selber und verlafl mich auch.

RAIMOND. Ich Euch verlassen! Jetzt! Und wer soll Euer Begleiter sein?

JOHANNA. Ich bin nicht unbegleitet.
Du hast den Donner ¸ber mir gehˆrt. Mein Schicksal f¸hrt mich. Sorge nicht, ich werde Ans Ziel gelangen, ohne dafl ichs suche.

RAIMOND. Wo wollt Ihr hin? Hier stehn die Engell‰nder, Die Euch die grimmig blutge Rache schwuren Dort stehn die Unsern, die Euch ausgestoflen, Verbannt–

JOHANNA. Mich wird nichts treffen, als was sein mufl.

RAIMOND. Wer soll Euch Nahrung suchen? Wer Euch sch¸tzen Vor wilden Tieren und noch wildern Menschen? Euch pflegen, wenn Ihr krank und elend werdet?

JOHANNA. Ich kenne alle Kr‰uter, alle Wurzeln, Von meinen Schafen lernt ich das Gesunde Vom Giftgen unterscheiden–ich verstehe
Den Lauf der Sterne und der Wolken Zug Und die verborgnen Quellen hˆr ich rauschen. Der Mensch braucht wenig und an Leben reich Ist die Natur.

RAIMOND (faflt sie bei der Hand).
Wollt Ihr nicht in Euch gehn,
Euch nicht mit Gott versˆhnen–in den Schofl Der heilgen Kirche reuend wiederkehren,

JOHANNA. Auch du h‰ltst mich der schweren S¸nde schuldig?

RAIMOND. Mufl ich nicht, Euer schweigendes Gest‰ndnis–

JOHANNA. Du, der mir in das Elend nachgefolgt, Das einzge Wesen, das mir treu geblieben, Sich an mich kettet, da mich alle Welt
Ausstiefl, du h‰ltst mich auch f¸r die Verworfne, Die ihrem Gott entsagt–
(Raimond schweigt) O das ist hart!

RAIMOND (erstaunt). Ihr w‰ret wirklich keine Zauberin?

JOHANNA. Ich eine Zauberin!

RAIMOND. Und diese Wunder,
Ihr h‰ttet sie vollbracht mit Gottes Kraft Und seiner Heiligen?

JOHANNA. Mit welcher sonst!

RAIMOND. Und Ihr verstummtet auf die gr‰flliche Beschuldigung?–Ihr redet jetzt, und vor dem Kˆnig, Wo es zu reden galt, verstummtet Ihr!

JOHANNA. Ich unterwarf mich schweigend dem Geschick, Das Gott, mein Meister, ¸ber mich verh‰ngte.

RAIMOND. Ihr konntet Eurem Vater nichts erwidern!

JOHANNA. Weil es vom Vater kam, so kams von Gott, Und v‰terlich wird auch die Pr¸fung sein.

RAIMOND. Der Himmel selbst bezeugte Eure Schuld!

JOHANNA. Der Himmel sprach, drum schwieg ich.

RAIMOND. Wie? Ihr konntet
Mit einem Wort Euch reinigen, und lieflt Die Welt in diesem ungl¸ckselgen Irrtum?

JOHANNA. Es war kein Irrtum, eine Schickung wars.

RAIMOND. Ihr littet alle diese Schmach unschuldig, Und keine Klage kam von Euren Lippen!
–Ich staune ¸ber Euch, ich steh ersch¸ttert, Im tiefsten Busen kehrt sich mir das Herz! O gerne nehm ich Euer Wort f¸r Wahrheit, Denn schwer ward mirs, an Eure Schuld zu glauben. Doch kˆnnt ich tr‰umen, dafl ein menschlich Herz Das Ungeheure schweigend w¸rde tragen!

JOHANNA. Verdient ichs, die Gesendete zu sein, Wenn ich nicht blind des Meisters Willen ehrte! Und ich bin nicht so elend, als du glaubst. Ich leide Mangel, doch das ist kein Ungl¸ck F¸r meinen Stand, ich bin verbannt und fl¸chtig, Doch in der ÷de lernt ich mich erkennen. Da, als der Ehre Schimmer mich umgab,
Da war der Streit in meiner Brust, ich war Die Ungl¸ckseligste, da ich der Welt
Am meisten zu beneiden schien–Jetzt bin ich Geheilt, und dieser Sturm in der Natur,
Der ihr das Ende drohte, war mein Freund, Er hat die Welt gereinigt und auch mich. In mir ist Friede–Komme, was da will,
Ich bin mir keiner Schwachheit mehr bewuflt!

RAIMOND. O kommt, kommt, laflt uns eilen, Eure Unschuld Laut, laut vor aller Welt zu offenbaren!

JOHANNA. Der die Verwirrung sandte, wird sie lˆsen! Nur wenn sie reif ist, f‰llt des Schicksals Frucht! Ein Tag wird kommen, der mich reiniget.
Und die mich jetzt verworfen und verdammt, Sie werden ihres Wahnes inne werden,
Und Tr‰nen werden meinem Schicksal flieflen.

RAIMOND. Ich sollte schweigend dulden, bis der Zufall–

JOHANNA (ihn sanft bei der Hand fassend). Du siehst nur das Nat¸rliche der Dinge, Denn deinen Blick umh¸llt das irdsche Band. Ich habe das Unsterbliche mit Augen
Gesehen–ohne Gˆtter f‰llt kein Haar Vom Haupt des Menschen–Siehst du dort die Sonne Am Himmel niedergehen–So gewifl
Sie morgen wiederkehrt in ihrer Klarheit, So unausbleiblich kommt der Tag der Wahrheit!

F‹NFTER AUFZUG

F¸nfter Auftritt

Die Vorigen. Kˆnigin Isabeau mit Soldaten erscheint im Hintergrund

ISABEAU (noch hinter der Szene).
Dies ist der Weg ins engell‰ndsche Lager!

RAIMOND. Weh uns! die Feinde!
(Soldaten treten auf, bemerken im Hervorkommen die Johanna, und taumeln erschrocken zur¸ck)

ISABEAU. Nun! was h‰lt der Zug!

SOLDATEN. Gott steh uns bei!

ISABEAU. Erschreckt euch ein Gespenst! Seid ihr Soldaten? Memmen seid ihr!–Wie, (Sie dr‰ngt sich durch die andern, tritt hervor und f‰hrt zur¸ck, wie sie die Jungfrau erblickt) Was seh ich! Ha! (Schnell faflt sie sich und tritt ihr entgegen) Ergib dich! Du bist meine
Gefangene.

JOHANNA. Ich bins.
(Raimond entflieht mit Zeichen der Verzweiflung)

ISABEAU (zu den Soldaten). Legt sie in Ketten! (Die Soldaten nahen sich der Jungfrau sch¸chtern, sie reicht den Arm hin und wird gefesselt)
Ist das die M‰chtige, Gef¸rchtete, Die eure Scharen wie die L‰mmer scheuchte, Die jetzt sich selber nicht besch¸tzen kann? Tut sie nur Wunder, wo man Glauben hat,
Und wird zum Weib, wenn ihr ein Mann begegnet? (Zur Jungfrau) Warum verlieflest du dein Heer? Wo bleibt Graf Dunois, dein Ritter und Besch¸tzer?

JOHANNA. Ich bin verbannt.

ISABEAU (erstaunt zur¸cktretend).
Was? Wie? Du bist verbannt?
Verbannt vom Dauphin!

JOHANNA. Frage nicht! Ich bin
In deiner Macht, bestimme mein Geschick.

ISABEAU. Verbannt, weil du vom Abgrund ihn gerettet, Die Krone ihm hast aufgesetzt zu Reims,
Zum Kˆnig ¸ber Frankreich ihn gemacht? Verbannt! Daran erkenn ich meinen Sohn!
–F¸hrt sie ins Lager. Zeiget der Armee Das Furchtgespenst, vor dem sie so gezittert! Sie eine Zauberin! Ihr ganzer Zauber
Ist euer Wahn und euer feiges Herz! Eine N‰rrin ist sie, die f¸r ihren Kˆnig Sich opferte, und jetzt den Kˆnigslohn
Daf¸r empf‰ngt–Bringt sie zu Lionel– Das Gl¸ck der Franken send ich ihm gebunden, Gleich folg ich selbst.

JOHANNA. Zu Lionel! Ermorde mich
Gleich hier, eh du zu Lionel mich sendest.

ISABEAU (zu den Soldaten).
Gehorchet dem Befehle. Fort mit ihr! (Geht ab)

F‹NFTER AUFZUG

Sechster Auftritt

Johanna. Soldaten

JOHANNA (zu den Soldaten).
Engl‰nder, duldet nicht, dafl ich lebendig Aus eurer Hand entkomme! R‰chet euch!
Zieht eure Schwerter, taucht sie mir ins Herz, Reiflt mich entseelt zu eures Feldherrn F¸flen! Denkt, dafl ichs war, die eure Trefflichsten Getˆtet, die kein Mitleid mit euch trug, Die ganze Strˆme engell‰ndschen Bluts Vergossen, euren tapfern Heldensˆhnen
Den Tag der frohen Wiederkehr geraubt! Nehmt eine blutge Rache! Tˆtet mich!
Ihr habt mich jetzt, nicht immer mˆchtet ihr So schwach mich sehn–

ANF‹HRER DER SOLDATEN. Tut, was die Kˆnigin befahl!

JOHANNA Sollt ich
Noch ungl¸ckselger werden als ich war! Furchtbare Heilge! deine Hand ist schwer! Hast du mich ganz aus deiner Huld verstoflen? Kein Gott erscheint, kein Engel zeigt sich mehr, Die Wunder ruhn, der Himmel ist verschlossen. (Sie folgt den Soldaten)

F‹NFTER AUFZUG

Das franzˆsische Lager

Siebenter Auftritt

Dunois zwischen dein Erzbischof und Du Chatel

ERZBISCHOF. Bezwinget Euern finstern Unmut, Prinz! Kommt mit uns! Kehrt zur¸ck zu Euerm Kˆnig! Verlasset nicht die allgemeine Sache
In diesem Augenblick, da wir aufs neu Bedr‰nget, Eures Heldenarms bed¸rfen.

DUNOIS. Warum sind wir bedr‰ngt? Warum erhebt Der Feind sich wieder? Alles war getan,
Frankreich war siegend und der Krieg geendigt. Die Retterin habt ihr verbannt, nun rettet Euch selbst! Ich aber will das Lager
Nicht wieder sehen, wo sie nicht mehr ist.

DU CHATEL. Nehmt bessern Rat an, Prinz. Entlaflt uns nicht Mit einer solchen Antwort!

DUNOIS. Schweigt, Du Chatel! Ich hasse Euch, von Euch will ich nichts hˆren.
Ihr seid es, der zuerst an ihr gezweifelt.

ERZBISCHOF. Wer ward nicht irr an ihr und h‰tte nicht Gewankt an diesem ungl¸ckselgen Tage,
Da alle Zeichen gegen sie bewiesen! Wir waren ¸berrascht, bet‰ubt, der Schlag Traf zu ersch¸tternd unser Herz–Wer konnte In dieser Schreckensstunde pr¸fend w‰gen? Jetzt kehrt uns die Besonnenheit zur¸ck, Wir sehn sie, wie sie unter uns gewandelt, Und keinen Tadel finden wir an ihr.
Wir sind verwirrt–wir f¸rchten schweres Unrecht Getan zu haben.–Reue f¸hlt der Kˆnig, Der Herzog klagt sich an, La Hire ist trostlos, Und jedes Herz h¸llt sich in Trauer ein.

DUNOIS. Sie eine L¸gnerin! Wenn sich die Wahrheit Verkˆrpern will in sichtbarer Gestalt,
So mufl sie ihre Z¸ge an sich tragen! Wenn Unschuld, Treue, Herzensreinigkeit
Auf Erden irgend wohnt–auf ihren Lippen, In ihren klaren Augen mufl sie wohnen!

ERZBISCHOF. Der Himmel schlage durch ein Wunder sich Ins Mittel, und erleuchte dies Geheimnis, Das unser sterblich Auge nicht durchdringt– Doch wie sichs auch entwirren mag und lˆsen, Eins von den beiden haben wir verschuldet! Wir haben uns mit hˆllischen Zauberwaffen Verteidigt oder eine Heilige verbannt!
Und beides ruft des Himmels Zorn und Strafen Herab auf dieses ungl¸ckselge Land!

F‹NFTER AUFZUG

Achter Auftritt

Ein Edelmann zu den Vorigen, hernach Raimond

EDELMANN. Ein junger Sch‰fer fragt nach deiner Hoheit, Er fodert dringend, mit dir selbst zu reden, Er komme, sagt er, von der Jungfrau–

DUNOIS. Eile!
Bring ihn herein! Er kommt von ihr! (Edelmann ˆffnet dem Raimond die T¸re, Dunois eilt ihm entgegen) Wo ist sie?
Wo ist die Jungfrau?

RAIMOND. Heil Euch, edler Prinz,
Und Heil mir, dafl ich diesen frommen Bischof, Den heilgen Mann, den Schirm der Unterdr¸ckten, Den Vater der Verlaflnen bei Euch finde!

DUNOIS. Wo ist die Jungfrau?

ERZBISCHOF. Sag es uns, mein Sohn!

RAIMOND. Herr, sie ist keine schwarze Zauberin! Bei Gott und allen Heiligen bezeug ichs. Im Irrtum ist das Volk. Ihr habt die Unschuld Verbannt, die Gottgesendete verstoflen!

DUNOIS. Wo ist sie? Sage!

RAIMOND. Ihr Gef‰hrte war ich
Auf ihrer Flucht in dem Ardennerwald, Mir hat sie dort ihr Innerstes gebeichtet. In Martern will ich sterben, meine Seele Hab keinen Anteil an dem ewgen Heil,
Wenn sie nicht rein ist, Herr, von aller Schuld!

DUNOIS. Die Sonne selbst am Himmel ist nicht reiner! Wo ist sie, sprich!

RAIMOND. O wenn Euch Gott das Herz
Gewendet hat–So eilt! So rettet sie! Sie ist gefangen bei den Engell‰ndern.

DUNOIS. Gefangen! Was!

ERZBISCHOF. Die Ungl¸ckselige!

RAIMOND. In den Ardennen, wo wir Obdach suchten, Ward sie ergriffen von der Kˆnigin,
Und in der Engell‰nder Hand geliefert. O rettet sie, die euch gerettet hat,
Von einem grausenvollen Tode!

DUNOIS. Zu den Waffen! Auf! Schlagt L‰rmen! R¸hrt die Trommeln! F¸hrt alle Vˆlker ins Gefecht! Ganz Frankreich Bewaffne sich! Die Ehre ist verpf‰ndet Die Krone, das Palladium entwendet,
Setzt alles Blut! setzt euer Leben ein! Frei mufl sie sein, noch eh der Tag sich endet! (Gehen ab)

F‹NFTER AUFZUG

Ein Wachturm, oben eine ÷ffnung

Neunter Auftritt

Johanna und Lionel. Fastolf. Isabeau

FASTOLF (eilig hereintretend). Das Volk ist l‰nger nicht zu b‰ndigen.
Sie fodern w¸tend, dafl die Jungfrau sterbe. Ihr widersteht vergebens. Tˆtet sie,
Und werft ihr Haupt von dieses Turmes Zinnen, Ihr flieflend Blut allein versˆhnt das Heer.

ISABEAU (kommt). Sie setzen Leitern an, sie laufen Sturm! Befriediget das Volk. Wollt Ihr erwarten, Bis sie den ganzen Turm in blinder Wut
Umkehren und wir alle mit verderben? Ihr kˆnnt sie nicht besch¸tzen, gebt sie hin.

LIONEL. Laflt sie anst¸rmen! Laflt sie w¸tend toben! Dies Schlofl ist fest, und unter seinen Tr¸mmern Begrab ich mich, eh mich ihr Wille zwingt. –Antworte mir, Johanna! Sei die Meine,
Und gegen eine Welt besch¸tz ich dich.

ISABEAU. Seid Ihr ein Mann?

LIONEL. Verstoflen haben dich
Die Deinen, aller Pflichten bist du ledig F¸r dein unw¸rdig Vaterland. Die Feigen, Die um dich warben, sie verlieflen dich, Sie wagten nicht den Kampf um deine Ehre. Ich aber, gegen mein Volk und das deine
Behaupt ich dich.–Einst lieflest du mich glauben, Dafl dir mein Leben teuer sei! Und damals Stand ich im Kampf als Feind dir gegen¸ber, Jetzt hast du keinen Freund als mich!

JOHANNA. Du bist
Der Feind mir, der verhaflte, meines Volks. Nichts kann gemein sein zwischen dir und mir. Nicht lieben kann ich dich, doch wenn dein Herz Sich zu mir neigt, so lafl es Segen bringen F¸r unsre Vˆlker.–F¸hre deine Heere
Hinweg von meines Vaterlandes Boden, Die Schl¸ssel aller St‰dte gib heraus, Die ihr bezwungen, allen Raub verg¸te,
Gib die Gefangnen ledig, sende Geiseln Des heiligen Vertrags, so biet ich dir
Den Frieden an in meines Kˆnigs Namen.

ISABEAU. Willst du in Banden uns Gesetze geben?

JOHANNA. Tu es bei Zeiten, denn du muflt es doch. Frankreich wird nimmer Englands Fesseln tragen. Nie, nie wird das geschehen! Eher wird es Ein weites Grab f¸r eure Heere sein.
Gefallen sind euch eure Besten, denkt Auf eine sichre R¸ckkehr, euer Ruhm
Ist doch verloren, eure Macht ist hin.

ISABEAU. Kˆnnt Ihr den Trotz der Rasenden ertragen?

F‹NFTER AUFZUG

Zehnter Auftritt

Die Vorigen. Ein Hauptmann kommt eilig

HAUPTMANN–Eilt, Feldherr, eilt, das Heer zur Schlacht zu stellen, Die Franken r¸cken an mit fliegenden Fahnen, Von ihren Waffen blitzt das ganze Tal.

JOHANNA (begeistert).
Die Franken r¸cken an! Jetzt, stolzes England, Heraus ins Feld, jetzt gilt es, frisch zu fechten!

FASTOLF. Unsinnige, bez‰hme deine Freude! Du wirst das Ende dieses Tags nicht sehn.

JOHANNA. Mein Volk wird siegen und ich werde sterben, Die Tapfern brauchen meines Arms nicht mehr.

LIONEL. Ich spotte dieser Weichlinge! Wir haben Sie vor uns her gescheucht in zwanzig Schlachten, Eh dieses Heldenm‰dchen f¸r sie stritt! Das ganze Volk veracht ich bis auf eine, Und diese haben sie verbannt.–Kommt, Fastolf! Wir wollen ihnen einen zweiten Tag
Bei Crequi und Poitiers bereiten.
Ihr, Kˆnigin, bleibt in diesem Turm, bewacht Die Jungfrau, bis das Treffen sich entschieden, Ich lafl Euch f¸nfzig Ritter zur Bedeckung.

FASTOLF. Was? Sollen wir dem Feind entgegengehn, Und diese W¸tende im R¸cken lassen?

JOHANNA. Erschreckt dich ein gefesselt Weib?

LIONEL. Gib mir
Dein Wort, Johanna, dich nicht zu befreien!

JOHANNA. Mich zu befreien ist mein einzger Wunsch.

ISABEAU Legt ihr dreifache Fesseln an. Mein Leben Verb¸rg ich, dafl sie nicht entkommen soll. (Sie wird mit schweren Ketten um den Leib und um die Arme gefesselt)

LIONEL (zur Johanna). Du willst es so! Du zwingst uns! Noch stehts bei dir!
Entsage Frankreich! Trage Englands Fahne, Und du bist frei, und diese W¸tenden,
Die jetzt dein Blut verlangen, dienen dir!

FASTOLF (dringend). Fort, fort, mein Feldherr!

JOHANNA. Spare deine Worte!
Die Franken r¸cken an, verteidge dich! (Trompeten ertˆnen, Lionel eilt fort)

FASTOLF. Ihr wiflt, was Ihr zu tun habt, Kˆnigin! Erkl‰rt das Gl¸ck sich gegen uns, seht Ihr, Dafl unsre Vˆlker fliehen–

ISABEAU (einen Dolch ziehend). Sorget nicht! Sie soll nicht leben, unsern Fall zu sehn.

FASTOLF (zur Johanna). Du weiflt, was dich erwartet. Jetzt erflehe Gl¸ck f¸r die Waffen deines Volks! (Ergeht ab)

F‹NFTER AUFZUG

Eilfter Auftritt

Isabeau. Johanna. Soldaten

JOHANNA. Das will ich!
Daran soll niemand mich verhindern.–Horch! Das ist der Kriegsmarsch meines Volks! Wie mutig Er in das Herz mir schallt und siegverk¸ndend! Verderben ¸ber England! Sieg den Franken! Auf, meine Tapfern! Auf! Die Jungfrau ist Euch nah, sie kann nicht vor euch her wie sonst Die Fahne tragen–schwere Bande fesseln sie, Doch frei aus ihrem Kerker schwingt die Seele Sich auf den Fl¸geln eures Kriegsgesangs.

ISABEAU (zu einem Soldaten).
Steig auf die Warte dort, die nach dem Feld Hin sieht, und sag uns, wie die Schlacht sich wendet. (Soldat steigt hinauf)

JOHANNA. Mut, Mut, mein Volk! Es ist der letzte Kampf! Den einen Sieg noch, und der Feind liegt nieder.

ISABEAU. Was siehest du?

SOLDAT. Schon sind sie aneinander.
Ein W¸tender auf einem Barberrofl, Im Tigerfell, sprengt vor mit den Gendarmen.

JOHANNA. Das ist Graf Dunois! Frisch, wackrer Streiter! Der Sieg ist mit dir!

SOLDAT. Der Burgunder greift
Die Br¸cke an.

ISABEAU. Dafl zehen Lanzen ihm
Ins falsche Herz eindr‰ngen, dem Verr‰ter!

SOLDAT. Lord Fastolf tut ihm mannhaft Widerstand. Sie sitzen ab, sie k‰mpfen Mann f¸r Mann, Des Herzogs Leute und die unsrigen.

ISABEAU. Siehst du den Dauphin nicht? Erkennst du nicht Die kˆniglichen Zeichen?

SOLDAT. Alles ist
In Staub vermengt Ich kann nichts unterscheiden.

JOHANNA. H‰tt er mein Auge oder st¸nd ich oben, Das Kleinste nicht entginge meinem Blick! Das wilde Huhn kann ich im Fluge z‰hlen, Den Falk erkenn ich in den hˆchsten L¸ften.

SOLDAT. Am Graben ist ein f¸rchterlich Gedr‰ng, Die Grˆflten, scheints, die Ersten k‰mpfen dort.

ISABEAU. Schwebt unsre Fahne noch?

SOLDAT. Hoch flattert sie.

JOHANNA Kˆnnt ich nur durch der Mauer Ritze schauen, Mit meinem Blick wollt ich die Schlacht regieren!

SOLDAT. Weh mir! Was seh ich! Unser Feldherr ist Umzingelt!

ISABEAU (zuckt den Dolch auf Johanna). Stirb, Ungl¸ckliche!

SOLDAT (schnell). Er ist befreit.
Im R¸cken faflt der tapfere Fastolf Den Feind–er bricht in seine dichtsten Scharen.

ISABEAU (zieht den Dolch zur¸ck).
Das sprach dein Engel!

SOLDAT. Sieg! Sieg! Sie entfliehen!

ISABEAU. Wer flieht?

SOLDAT.
Die Franken, die Burgunder fliehn,
Bedeckt mit Fl¸chtigen ist das Gefilde.

JOHANNA. Gott! Gott! So sehr wirst du mich nicht verlassen!

SOLDAT. Ein schwer Verwundeter wird dort gef¸hrt. Viel Volk sprengt ihm zu H¸lf, es ist ein F¸rst.

ISABEAU. Der Unsern einer oder Fr‰nkischen?

SOLDAT. Sie lˆsen ihm den Helm, Graf Dunois ists.

JOHANNA (greift mit krampfhafter Anstrengung in ihre Ketten). Und ich bin nichts als ein gefesselt Weib!

SOLDAT. Sie! Halt! Wer tr‰gt den himmelblauen Mantel Verbr‰mt mit Gold,

JOHANNA (lebhaft). Das ist mein Herr, der Kˆnig!

SOLDAT. Sein Rofl wird scheu–es ¸berschl‰gt sich–st¸rzt, Er windet schwer arbeitend sich hervor– (Johanna begleitet diese Worte mit leidenschaftlichen Bewegungen) Die Unsern nahen schon in vollem Lauf–
Sie haben ihn erreicht–umringen ihn–

JOHANNA. O hat der Himmel keine Engel mehr!

ISABEAU (hohnlachend). Jetzt ist es Zeit! Jetzt, Retterin, errette!

JOHANNA (st¸rzt auf die Knie, mit gewaltsam heftiger Stimme betend). Hˆre mich, Gott, in meiner hˆchsten Not, Hinauf zu dir, in heiflem Flehenswunsch, In deine Himmel send ich meine Seele.
Du kannst die F‰den eines Spinngewebs Stark machen wie die Taue eines Schiffs, Leicht ist es deiner Allmacht, ehrne Bande In d¸nnes Spinngewebe zu verwandeln–
Du willst und diese Ketten fallen ab, Und diese Turmwand spaltet sich–du halfst Dem Simson, da er blind war und gefesselt, Und seiner stolzen Feinde bittern Spott
Erduldete.–Auf dich vertrauend faflt’ er Die Pfosten seines Kerkers m‰chtig an, Und neigte sich und st¸rzte das Geb‰ude–

SOLDAT. Triumph! Triumph!

ISABEAU. Was ists?

SOLDAT. Der Kˆnig ist
Gefangen!

JOHANNA (springt auf).
So sei Gott mir gn‰dig!
(Sie hat ihre Ketten mit beiden H‰nden kraftvoll gefaflt und zerrissen. In demselben Augenblick st¸rzt sie sich auf den n‰chststehenden Soldaten, entreiflt ihm sein Schwert und eilt hinaus. Alle sehen ihr mit starrem Erstaunen nach)

F‹NFTER AUFZUG

Zwˆlfter Auftritt

Vorige ohne Johanna

ISABEAU (nach einer langen Pause).
Was war das? Tr‰umte mir? Wo kam sie hin? Wie brach sie diese zentnerschweren Bande? Nicht glauben w¸rd ichs einer ganzen Welt, H‰tt ichs nicht selbst gesehn mit meinen Augen.

SOLDAT (auf der Warte).
Wie? Hat sie Fl¸gel? Hat der Sturmwind sie Hinabgef¸hrt?

ISABEAU. Sprich, ist sie unten?

SOLDAT. Mitten
Im Kampfe schreitet sie–Ihr Lauf ist schneller Als mein Gesicht–Jetzt ist sie hier–jetzt dort– Ich sehe sie zugleich an vielen Orten!
–Sie teilt die Haufen–Alles weicht vor ihr, Die Franken stehn, sie stellen sich aufs neu! –Weh mir! Was seh ich! Unsre Vˆlker werfen Die Waffen von sich, unsre Fahnen sinken–

ISABEAU. Was? Will sie uns den sichern Sieg entreiflen?

SOLDAT. Grad auf den Kˆnig dringt sie an–Sie hat ihn Erreicht–Sie reiflt ihn m‰chtig aus dem Kampf. –Lord Fastolf st¸rzt–Der Feldherr ist gefangen.

ISABEAU. Ich will nicht weiter hˆren. Komm herab.

SOLDAT. Flieht, Kˆnigin! Ihr werdet ¸berfallen. Gewaffnet Volk dringt an den Turm heran. (Er steigt herunter)

ISABEAU (das Schwert ziehend). So fechtet, Memmen!

F‹NFTER AUFZUG

Dreizehnter Auftritt

Vorige. La Hire mit Soldaten kommt. Bei seinem Eintritt streckt das Volk der Kˆnigin die Waffen

LA HIRE (naht ihr ehrerbietig). Kˆnigin, unterwerft Euch Der Allmacht–Eure Ritter haben sich
Ergeben, aller Widerstand ist unn¸tz! –Nehmt meine Dienste an. Befehlt, wohin Ihr wollt begleitet sein.

ISABEAU. Jedweder Ort
Gilt gleich, wo ich dem Dauphin nicht begegne. (Gibt ihr Schwert ab und folgt ihm mit den Soldaten)

Die Szene verwandelt sich in das Schlachtfeld

F‹NFTER AUFZUG

Vierzehnter Auftritt

Soldaten mit fliegenden Fahnen erf¸llen den Hintergrund. Vor ihnen der Kˆnig und der Herzog von Burgund, in den Armen beider F¸rsten liegt Johanna tˆdlich verwundet, ohne Zeichen des Lebens. Sie treten langsam vorw‰rts. Agnes Sorel st¸rzt herein

SOREL (wirft sich an des Kˆnigs Brust). Ihr seid befreit–Ihr lebt–Ich hab Euch wieder!

K÷NIG. Ich bin befreit–Ich bins um diesen Preis! (Zeigt auf Johanna)

SOREL. Johanna! Gott! Sie stirbt!

BURGUND. Sie hat geendet!
Seht einen Engel scheiden! Seht, wie sie daliegt, Schmerzlos und ruhig wie ein schlafend Kind! Des Himmels Friede spielt um ihre Z¸ge, Kein Atem hebt den Busen mehr, doch Leben Ist noch zu sp¸ren in der warmen Hand.

Kˆnig. Sie ist dahin–Sie wird nicht mehr erwachen, Ihr Auge wird das Irdsche nicht mehr schauen. Schon schwebt sie droben ein verkl‰rter Geist, Sieht unsern Schmerz nicht mehr und unsre Reue.

SOREL. Sie schl‰gt die Augen auf, sie lebt!

BURGUND (erstaunt). Kehrt sie
Uns aus dem Grab zur¸ck? Zwingt sie den Tod, Sie richtet sich empor! Sie steht!

JOHANNA (steht ganz aufgerichtet und schaut umher). Wo bin ich?

BURGUND. Bei deinem Volk, Johanna! Bei den Deinen!

K÷NIG. In deiner Freunde, deines Kˆnigs Armen!

JOHANNA (nachdem sie ihn lange starr angesehen). Nein, ich bin keine Zauberin! Gewifl ich bins nicht.

K÷NIG. Du bist heilig wie die Engel, Doch unser Auge war mit Nacht bedeckt.

JOHANNA (sieht heiter l‰chelnd umher). Und ich bin wirklich unter meinem Volk.
Und bin nicht mehr verachtet und verstoflen? Man flucht mir nicht, man sieht mich g¸tig an? –Ja, jetzt erkenn ich deutlich alles wieder! Das ist mein Kˆnig! Das sind Frankreichs Fahnen! Doch meine Fahne seh ich nicht–Wo ist sie? Nicht ohne meine Fahne darf ich kommen,
Von meinem Meister ward sie mir vertraut, Vor seinem Thron mufl ich sie niederlegen, Ich darf sie zeigen, denn ich trug sie treu.

Kˆnig (mit abgewandtem Gesicht). Gebt ihr die Fahne! (Man reicht sie ihr. Sie steht ganz frei aufgerichtet, die Fahne in der Hand–Der Himmel ist von einem rosigten Schein beleuchtet)

JOHANNA. Seht ihr den Regenbogen in der Luft, Der Himmel ˆffnet seine goldnen Tore,
Im Chor der Engel steht sie gl‰nzend da, Sie h‰lt den ewgen Sohn an ihrer Brust, Die Arme streckt sie l‰chelnd mir entgegen. Wie wird mir–Leichte Wolken heben mich– der schwere Panzer wird zum Fl¸gelkleide. Hinauf–hinauf–Die Erde flieht zur¸ck– Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude!

(Die Fahne entf‰llt ihr, sie sinkt tot darauf nieder– Alle stehen lange in loser R¸hrung–Auf einen leisen Wink des Kˆnigs werden alle Fahnen sanft auf sie niedergelassen, dafl sie ganz davon bedeckt wird)