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Reineke Fuchs
Johann Wolfgang Goethe
Inhalt
Erster Gesang
Zweiter Gesang
Dritter Gesang
Vierter Gesang
F¸nfter Gesang
Sechster Gesang
Siebenter Gesang
Achter Gesang
Neunter Gesang
Zehnter Gesang
Elfter Gesang
ZwËlfter Gesang
Erster Gesang
Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen! es gr¸nten und bl¸hten Feld und Wald; auf H¸geln und HËhn, in B¸schen und Hecken â¹bten ein frËhliches Lied die neuermunterten VËgel; Jede Wiese sproï¬te von Blumen in duftenden Gr¸nden, Festlich heiter glâ°nzte der Himmel und farbig die Erde.
Nobel, der KËnig, versammelt den Hof; und seine Vasallen Eilen gerufen herbei mit groï¬em Geprâ°nge; da kommen Viele stolze Gesellen von allen Seiten und Enden, L¸tke, der Kranich, und Markart, der Hâ°her, und alle die Besten. Denn der KËnig gedenkt mit allen seinen Baronen Hof zu halten in Feier und Pracht; er lâ°ï¬t sie berufen Alle miteinander, so gut die Groï¬en als Kleinen. Niemand sollte fehlen! und dennoch fehlte der Eine, Reineke Fuchs, der Schelm! der viel begangenen Frevels Halben des Hofs sich enthielt. So scheuet das bËse Gewissen Licht und Tag, es scheute der Fuchs die versammelten Herren. Alle hatten zu klagen, er hatte sie alle beleidigt, Und nur Grimbart, den Dachs, den Sohn des Bruders, verschont’ er.
Isegrim aber, der Wolf, begann die Klage; von allen Seinen Vettern und GËnnern, von allen Freunden begleitet, Trat er vor den KËnig und sprach die gerichtlichen Worte: Gnâ°digster KËnig und Herr! vernehmet meine Beschwerden. Edel seid Ihr und groï¬ und ehrenvoll, jedem erzeigt Ihr Recht und Gnade: so laï¬t Euch denn auch des Schadens erbarmen, Den ich von Reineke Fuchs mit groï¬er Schande gelitten. Aber vor allen Dingen erbarmt Euch, daï¬ er mein Weib so Freventlich Ëfters verhËhnt und meine Kinder verletzt hat. Ach! er hat sie mit Unrat besudelt, mit â°tzendem Unflat, Daï¬ mir zu Hause noch drei in bittrer Blindheit sich quâ°len. Zwar ist alle der Frevel schon lange zur Sprache gekommen, Ja, ein Tag war gesetzt, zu schlichten solche Beschwerden; Er erbot sich zum Eide, doch bald besann er sich anders Und entwischte behend nach seiner Feste. Das wissen Alle Mâ°nner zu wohl, die hier und neben mir stehen. Herr! ich kËnnte die Drangsal, die mir der Bube bereitet, Nicht mit eilenden Worten in vielen Wochen erzâ°hlen. W¸rde die Leinwand von Gent, so viel auch ihrer gemacht wird, Alle zu Pergament, sie faï¬te die Streiche nicht alle, Und ich schweige davon. Doch meines Weibes Entehrung Friï¬t mir das Herz; ich râ°che sie auch, es werde, was wolle.
Als nun Isegrim so mit traurigem Mute gesprochen, Trat ein H¸ndchen hervor, hieï¬ Wackerlos, redte franzËsisch Vor dem KËnig: wie arm es gewesen und nichts ihm geblieben Als ein St¸ckchen Wurst in einem Wintergeb¸sche; Reineke hab auch das ihm genommen! Jetzt sprang auch der Kater Hinze zornig hervor und sprach: Erhabner Gebieter, Niemand beschwere sich mehr, daï¬ ihm der BËsewicht schade, Denn der KËnig allein! Ich sag Euch, in dieser Gesellschaft Ist hier niemand, jung oder alt, er f¸rchtet den Frevler Mehr als Euch! Doch Wackerlos’ Klage will wenig bedeuten. Schon sind Jahre vorbei, seit diese Hâ°ndel geschehen; Mir gehËrte die Wurst! ich sollte mich damals beschweren. Jagen war ich gegangen; auf meinem Wege durchsucht ich Eine M¸hle zu Nacht; es schlief die M¸llerin; sachte Nahm ich ein W¸rstchen, ich will es gestehn; doch hatte zu dieser Wackerlos irgendein Recht, so dankt’ ers meiner Bem¸hung.
Und der Panther begann: Was helfen Klagen und Worte! Wenig richten sie aus, genug, das ¸bel ist ruchtbar. Er ist ein Dieb, ein MËrder! Ich darf es k¸hnlich behaupten, Ja, es wissens die Herren, er ¸bet jeglichen Frevel. MËchten doch alle die Edlen, ja selbst der erhabene KËnig Gut und Ehre verlieren: er lachte, gewâ°nn er nur etwa Einen Bissen dabei von einem fetten Kapaune. Laï¬t Euch erzâ°hlen, wie er so ¸bel an Lampen, dem Hasen, Gestern tat; hier steht er! der Mann, der keinen verletzte. Reineke stellte sich fromm und wollt ihn allerlei Weisen K¸rzlich lehren, und was zum Kaplan noch weiter gehËret, Und sie setzten sich gegeneinander, begannen das Kredo. Aber Reineke konnte die alten T¸cken nicht lassen; Innerhalb unsers KËniges Fried und freiem Geleite Hielt er Lampen gefaï¬t mit seinen Klauen und zerrte T¸ckisch den redlichen Mann. Ich kam die Straï¬e gegangen, HËrte beider Gesang, der, kaum begonnen, schon wieder Endete. Horchend wundert ich mich, doch als ich hinzukam, Kannt ich Reineken stracks, er hatte Lampen beim Kragen; Ja, er hâ°tt ihm gewiï¬ das Leben genommen, wofern ich Nicht zum Gl¸cke des Wegs gekommen wâ°re. Da steht er! Seht die Wunden an ihm, dem frommen Manne, den keiner Zu beleidigen denkt. Und will es unser Gebieter, Wollt ihr Herren es leiden, daï¬ so des KËniges Friede, Sein Geleit und Brief von einem Diebe verhËhnt wird, O, so wird der KËnig und seine Kinder noch spâ°ten Vorwurf hËren von Leuten, die Recht und Gerechtigkeit lieben.
Isegrim sagte darauf. So wird es bleiben, und leider Wird uns Reineke nie was Gutes erzeigen. O! lâ°g er Lange tot, das wâ°re das beste f¸r friedliche Leute; Aber wird ihm diesmal verziehn, so wird er in kurzem Etliche k¸hnlich ber¸cken, die nun es am wenigsten glauben.
Reinekens Neffe, der Dachs, nahm jetzt die Rede, und mutig Sprach er zu Reinekens Bestem, so falsch auch dieser bekannt war. Alt und wahr, Herr Isegrim! sagt’ er, beweist sich das Sprichwort: Feindes Mund frommt selten. So hat auch wahrlich mein Oheim Eurer Worte sich nicht zu getrËsten. Doch ist es ein leichtes. Wâ°r er hier am Hofe so gut als Ihr, und erfreut’ er Sich des KËniges Gnade, so mËcht es Euch sicher gereuen, Daï¬ Ihr so hâ°misch gesprochen und alte Geschichten erneuert. Aber was Ihr ¸bels an Reineken selber ver¸bet, â¹bergeht Ihr; und doch, es wissen es manche der Herren, Wie Ihr zusammen ein B¸ndnis geschlossen und beide versprochen, Als zwei gleiche Gesellen zu leben. Das muï¬ ich erzâ°hlen; Denn im Winter einmal erduldet’ er groï¬e Gefahren Euretwegen. Ein Fuhrmann, er hatte Fische geladen, Fuhr die Straï¬e, Ihr sp¸rtet ihn aus und hâ°ttet um alles Gern von der Ware gegessen; doch fehlt’ es Euch leider am Gelde. Da beredetet Ihr den Oheim, er legte sich listig Grade f¸r tot in den Weg. Es war, beim Himmel, ein k¸hnes Abenteuer! Doch merket, was ihm f¸r Fische geworden. Und der Fuhrmann kam und sah im Gleise den Oheim, Hastig zog er sein Schwert, ihm eins zu versetzen; der Kluge R¸hrt’ und regte sich nicht, als wâ°r er gestorben; der Fuhrmann Wirft ihn auf seinen Karrn und freut sich des Balges im voraus. Ja, das wagte mein Oheim f¸r Isegrim; aber der Fuhrmann Fuhr dahin, und Reineke warf von den Fischen herunter. Isegrim kam von ferne geschlichen, verzehrte die Fische. Reineken mochte nicht lâ°nger zu fahren belieben; er hub sich, Sprang vom Karren und w¸nschte nun auch von der Beute zu speisen. Aber Isegrim hatte sie alle verschlungen; er hatte â¹ber Not sich beladen, er wollte bersten. Die Grâ°ten Lieï¬ er allein zur¸ck und bot dem Freunde den Rest an. Noch ein anderes St¸ckchen! auch dies erzâ°hl ich Euch wahrhaft. Reineken war es bewuï¬t, bei einem Bauer am Nagel Hing ein gemâ°stetes Schwein, erst heute geschlachtet; das sagt’ er Treu dem Wolfe: sie gingen dahin, Gewinn und Gefahren Redlich zu teilen. Doch M¸h und Gefahr trug jener alleine. Denn er kroch zum Fenster hinein und warf mit Bem¸hen Die gemeinsame Beute dem Wolf herunter; zum Ungl¸ck Waren Hunde nicht fern, die ihn im Hause versp¸rten Und ihm wacker das Fell zerzausten. Verwundet entkam er, Eilig sucht’ er Isegrim auf und klagt’ ihm sein Leiden Und verlangte sein Teil. Da sagte jener: Ich habe Dir ein kËstliches St¸ck verwahrt, nun mache dich dr¸ber Und benage mirs wohl; wie wird das Fette dir schmecken! Und er brachte das St¸ck, das Krummholz war es, der Schlâ°chter Hatte daran das Schwein gehâ°ngt; der kËstliche Braten War vom gierigen Wolfe, dem ungerechten, verschlungen. Reineke konnte vor Zorn nicht reden, doch was er sich dachte, Denket euch selbst. Herr KËnig, gewiï¬, daï¬ hundert und dr¸ber Solcher St¸ckchen der Wolf an meinem Oheim verschuldet! Aber ich schweige davon. Wird Reineke selber gefordert, Wird er sich besser verteidigen. Indessen, gnâ°digster KËnig, Edler Gebieter, ich darf es bemerken: Ihr habet, es haben Diese Herren gehËrt, wie tËricht Isegrims Rede Seinem eignen Weibe und ihrer Ehre zu nah tritt, Die er mit Leib und Leben besch¸tzen sollte. Denn freilich Sieben Jahre sinds her und dr¸ber, da schenkte mein Oheim Seine Lieb und Treue zum guten Teile der schËnen Frauen Gieremund; solches geschah beim nâ°chtlichen Tanze; Isegrim war verreist, ich sag es, wie mirs bekannt ist. Freundlich und hËflich ist sie ihm oft zu Willen geworden, Und was ist es denn mehr? Sie bracht es niemals zur Klage, Ja, sie lebt und befindet sich wohl, was macht er f¸r Wesen? Wâ°r er klug, so schwieg’ er davon, es bringt ihm nur Schande. Weiter sagte der Dachs: Nun kommt das Mâ°rchen vom Hasen! Eitel leeres Gewâ°sche! Den Sch¸ler sollte der Meister Etwa nicht z¸chtigen, wenn er nicht merkt und ¸bel bestehet? Sollte man nicht die Knaben bestrafen, und ginge der Leichtsinn, Ginge die Unart so hin, wie sollte die Jugend erwachsen? Nun klagt Wackerlos, wie er ein W¸rstchen im Winter verloren Hinter der Hecke; das sollt er nur lieber im stillen verschmerzen, Denn wir hËren es ja, sie war gestohlen; zerronnen Wie gewonnen; und wer kann meinem Oheim verargen, Daï¬ er gestohlenes Gut dem Diebe genommen? Es sollen Edle Mâ°nner von hoher Geburt sich gehâ°ssig den Dieben Und gefâ°hrlich erzeigen. Ja, hâ°tt er ihn damals gehangen, War es verzeihlich. Doch lieï¬ er ihn los, den KËnig zu ehren; Denn am Leben zu strafen, gehËrt dem KËnig alleine. Aber wenigen Danks kann sich mein Oheim getrËsten, So gerecht er auch sei und ¸beltaten verwehret. Denn seitdem des KËniges Friede verk¸ndiget worden, Hâ°lt sich niemand wie er. Er hat sein Leben verâ°ndert, Speiset nur einmal des Tags, lebt wie ein Klausner, kasteit sich, Trâ°gt ein hâ°renes Kleid auf bloï¬em Leibe und hat schon Lange von Wildbret und zahmem Fleische sich gâ°nzlich enthalten, Wie mir noch gestern einer erzâ°hlte, der bei ihm gewesen. Malepartus, sein Schloï¬, hat er verlassen und baut sich Eine Klause zur Wohnung. Wie er so mager geworden, Bleich von Hunger und Durst und andern strengeren Buï¬en, Die er reuig ertrâ°gt, das werdet Ihr selber erfahren. Denn was kann es ihm schaden, daï¬ hier ihn jeder verklaget? Kommt er hieher, so f¸hrt er sein Recht aus und macht sie zuschanden.
Als nun Grimbart geendigt, erschien zu groï¬em Erstaunen Henning, der Hahn, mit seinem Geschlecht. Auf trauriger Bahre, Ohne Hals und Kopf, ward eine Henne getragen, Kratzefuï¬ war es, die beste der eierlegenden Hennen. Ach, es floï¬ ihr Blut, und Reineke hatt es vergossen! Jetzo sollt es der KËnig erfahren. Als Henning, der wackre, Vor dem KËnig erschien, mit hËchstbetr¸bter Gebâ°rde, Kamen mit ihm zwei Hâ°hne, die gleichfalls trauerten. Kreyant Hieï¬ der eine, kein besserer Hahn war irgend zu finden Zwischen Holland und Frankreich; der andere durft ihm zur Seite Stehen, Kantart genannt, ein stracker, k¸hner Geselle; Beide trugen ein brennendes Licht; sie waren die Br¸der Der ermordeten Frau. Sie riefen ¸ber den MËrder Ach und Weh! Es trugen die Bahr zwei j¸ngere Hâ°hne, Und man konnte von fern die Jammerklage vernehmen. Henning sprach: Wir klagen den unersetzlichen Schaden, Gnâ°digster Herr und KËnig! Erbarmt Euch, wie ich verletzt bin, Meine Kinder und ich. Hier seht Ihr Reinekens Werke! Als der Winter vorbei, und Laub und Blumen und Bl¸ten Uns zur FrËhlichkeit riefen, erfreut ich mich meines Geschlechtes, Das so munter mit mir die schËnen Tage verlebte! Zehen junge SËhne, mit vierzehn TËchtern, sie waren Voller Lust zu leben; mein Weib, die treffliche Henne, Hatte sie alle zusammen in Einem Sommer erzogen. Alle waren so stark und wohl zufrieden, sie fanden Ihre tâ°gliche Nahrung an wohlgesicherter Stâ°tte. Reichen MËnchen gehËrte der Hof, uns schirmte die Mauer, Und sechs groï¬e Hunde, die wackern Genossen des Hauses, Liebten meine Kinder und wachten ¸ber ihr Leben; Reineken aber, den Dieb, verdroï¬ es, daï¬ wir in Frieden Gl¸ckliche Tage verlebten und seine Râ°nke vermieden. Immer schlich er bei Nacht um die Mauer und lauschte beim Tore, Aber die Hunde bemerktens; da mocht er laufen! sie faï¬ten Wacker ihn endlich einmal und ruckten das Fell ihm zusammen; Doch er rettete sich und lieï¬ uns ein Weilchen in Ruhe. Aber nun hËret mich an! es wâ°hrte nicht lange, so kam er Als ein Klausner und brachte mir Brief und Siegel. Ich kannt es: Euer Siegel sah ich am Briefe; da fand ich geschrieben: Daï¬ Ihr festen Frieden so Tieren als VËgeln verk¸ndigt. Und er zeigte mir an: er sei ein Klausner geworden, Habe strenge Gel¸bde getan, die S¸nden zu b¸ï¬en, Deren Schuld er leider bekenne. Da habe nun keiner Mehr vor ihm sich zu f¸rchten, er habe heilig gelobet, Nimmermehr Fleisch zu genieï¬en. Er lieï¬ mich die Kutte beschauen, Zeigte sein Skapulier. Daneben wies er ein Zeugnis, Das ihm der Prior gestellt, und, um mich sicher zu machen, Unter der Kutte ein hâ°renes Kleid. Dann ging er und sagte: Gott dem Herren seid mir befohlen! ich habe noch vieles Heute zu tun! ich habe die Sext und die None zu lesen Und die Vesper dazu. Er las im Gehen und dachte Vieles BËse sich aus, er sann auf unser Verderben. Ich mit erheitertem Herzen erzâ°hlte geschwinde den Kindern Eures Briefes frËhliche Botschaft, es freuten sich alle. Da nun Reineke Klausner geworden, so hatten wir weiter Keine Sorge, noch Furcht. Ich ging mit ihnen zusammen Vor die Mauer hinaus, wir freuten uns alle der Freiheit. Aber leider bekam es uns ¸bel. Er lag im Geb¸sche Hinterlistig; da sprang er hervor und verrannt uns die Pforte; Meiner SËhne schËnsten ergriff er und schleppt’ ihn von dannen, Und nun war kein Rat, nachdem er sie einmal gekostet; Immer versucht’ er es wieder, und weder Jâ°ger noch Hunde Konnten vor seinen Râ°nken bei Tag und Nacht uns bewahren. So entriï¬ er mir nun fast alle Kinder; von zwanzig Bin ich auf f¸nfe gebracht, die andern raubt’ er mir alle. O, erbarmt Euch des bittern Schmerzes! er tËtete gestern Meine Tochter, es haben die Hunde den Leichnam gerettet. Seht, hier liegt sie! Er hat es getan, o! nehmt es zu Herzen!
Und der KËnig begann: Kommt nâ°her, Grimbart, und sehet, Also fastet der Klausner, und so beweist er die Buï¬e! Leb ich noch aber ein Jahr, so soll es ihn wahrlich gereuen! Doch was helfen die Worte! Vernehmet, trauriger Henning: Eurer Tochter ermangl es an nichts, was irgend den Toten Nur zu Rechte geschieht. Ich lass ihr Vigilie singen, Sie mit groï¬er Ehre zur Erde bestatten; dann wollen Wir mit diesen Herren des Mordes Strafe bedenken.
Da gebot der KËnig, man solle Vigilie singen. Domino placebo begann die Gemeine, sie sangen Alle Verse davon. Ich kËnnte ferner erzâ°hlen, Wer die Lektion gesungen und wer die Responsen; Aber es wâ°hrte zu lang, ich lass es lieber bewenden. In ein Grab ward die Leiche gelegt und dr¸ber ein schËner Marmorstein, poliert wie ein Glas, gehauen im Viereck, Groï¬ und dick, und oben darauf war deutlich zu lesen: ªKratzefuï¬, Tochter Hennings des Hahns, die beste der Hennen, Legte viel Eier ins Nest und wuï¬te kl¸glich zu scharren. Ach, hier liegt sie! durch Reinekens Mord den Ihren genommen. Alle Welt soll erfahren, wie bËs und falsch er gehandelt, Und die Tote beklagen.´ So lautete, was man geschrieben.
Und es lieï¬ der KËnig darauf die Kl¸gsten berufen, Rat mit ihnen zu halten, wie er den Frevel bestrafte, Der so klâ°rlich vor ihn und seine Herren gebracht war. Und sie rieten zuletzt: man habe dem listigen Frevler Einen Boten zu senden, daï¬ er um Liebes und Leides Nicht sich entzËge, er solle sich stellen am Hofe des KËnigs An dem Tage der Herrn, wenn sie zunâ°chst sich versammeln; Braun, den Bâ°ren, ernannte man aber zum Boten. Der KËnig Sprach zu Braun, dem Bâ°ren: Ich sag es, Euer Gebieter, Daï¬ Ihr mit Fleiï¬ die Botschaft verrichtet! Doch rat ich zur Vorsicht: Denn es ist Reineke falsch und boshaft, allerlei Listen Wird er gebrauchen, er wird Euch schmeicheln, er wird Euch bel¸gen, Hintergehen, wie er nur kann. Mitnichten, versetzte Zuversichtlich der Bâ°r: bleibt ruhig! Sollt er sich irgend Nur vermessen und mir zum Hohne das mindeste wagen, Seht, ich schwËr es bei Gott! der mËge mich strafen, wofern ich Ihm nicht grimmig vergËlte, daï¬ er zu bleiben nicht w¸ï¬te.
Zweiter Gesang
Also wandelte Braun auf seinem Weg zum Gebirge Stolzen Mutes dahin, durch eine W¸ste, die groï¬ war, Lang und sandig und breit; und als er sie endlich durchzogen, Kam er gegen die Berge, wo Reineke pflegte zu jagen; Selbst noch Tages zuvor hatt er sich dorten erlustigt. Aber der Bâ°r ging weiter nach Malepartus; da hatte Reineke schËne Gebâ°ude. Von allen SchlËssern und Burgen, Deren ihm viele gehËrten, war Malepartus die beste. Reineke wohnte daselbst, sobald er ¸bels besorgte. Braun erreichte das Schloï¬ und fand die gewËhnliche Pforte Fest verschlossen. Da trat er davor und besann sich ein wenig; Endlich rief er und sprach: Herr Oheim, seid Ihr zu Hause? Braun, der Bâ°r, ist gekommen, des KËnigs gerichtlicher Bote. Denn es hat der KËnig geschworen, Ihr sollet bei Hofe Vor Gericht Euch stellen, ich soll Euch holen, damit Ihr Recht zu nehmen und Recht zu geben keinem verweigert, Oder es soll Euch das Leben kosten; denn bleibt Ihr dahinten, Ist mit Galgen und Rad Euch gedroht. Drum wâ°hlet das Beste, Kommt und folget mir nach, sonst mËcht es Euch ¸bel bekommen.
Reineke hËrte genau vom Anfang zum Ende die Rede, Lag und lauerte still und dachte: Wenn es gelâ°nge, Daï¬ ich dem plumpen Kompan die stolzen Worte bezahlte? Laï¬t uns die Sache bedenken. Er ging in die Tiefe der Wohnung, In die Winkel des Schlosses, denn k¸nstlich war es gebauet: LËcher fanden sich hier und HËhlen mit vielerlei Gâ°ngen, Eng und lang, und mancherlei T¸ren zum Ëffnen und Schlieï¬en, Wie es Zeit war und Not. Erfuhr er, daï¬ man ihn suchte Wegen schelmischer Tat, da fand er die beste Beschirmung. Auch aus Einfalt hatten sich oft in diesen Mâ°andern Arme Tiere gefangen, willkommene Beute dem Râ°uber. Reineke hatte die Worte gehËrt, doch f¸rchtet’ er kl¸glich, Andre mËchten noch neben dem Boten im Hinterhalt liegen, Als er sich aber versichert, der Bâ°r sei einzeln gekommen, Ging er listig hinaus und sagte: Wertester Oheim, Seid willkommen! Verzeiht mir! ich habe Vesper gelesen, Darum lieï¬ ich Euch warten. Ich dank Euch, daï¬ Ihr gekommen, Denn es nutzt mir gewiï¬ bei Hofe, so darf ich es hoffen. Seid zu jeglicher Stunde, mein Oheim, willkommen! Indessen Bleibt der Tadel f¸r den, der Euch die Reise befohlen, Denn sie ist weit und beschwerlich. O Himmel! wie Ihr erhitzt seid! Eure Haare sind naï¬ und Euer Odem beklommen. Hatte der mâ°chtige KËnig sonst keinen Boten zu senden, Als den edelsten Mann, den er am meisten erhËhet? Aber so sollt es wohl sein zu meinem Vorteil; ich bitte, Helft mir am Hofe des KËnigs, allwo man mich ¸bel verleumdet. Morgen, setzt ich mir vor, trotz meiner miï¬lichen Lage, Frei nach Hofe zu gehen, und so gedenk ich noch immer. Nur f¸r heute bin ich zu schwer, die Reise zu machen. Leider hab ich zu viel von einer Speise gegessen, Die mir ¸bel bekommt; sie schmerzt mich gewaltig im Leibe. Braun versetzte darauf. Was war es, Oheim? Der andre Sagte dagegen: Was kËnnt es Euch helfen, und wenn ichs erzâ°hlte! K¸mmerlich frist ich mein Leben; ich leid es aber geduldig, Ist ein armer Mann doch kein Graf! und findet zuweilen Sich f¸r uns und die Unsern nichts Besseres, m¸ssen wir freilich Honigscheiben verzehren, die sind wohl immer zu haben. Doch ich esse sie nur aus Not; nun bin ich geschwollen. Wider Willen schluckt ich das Zeug, wie sollt es gedeihen? Kann ich es immer vermeiden, so bleibt mirs ferne vom Gaumen.
Ei! was hab ich gehËrt! versetzte der Braune, Herr Oheim! Ei! verschmâ°het Ihr so den Honig, den mancher begehret? Honig, muï¬ ich Euch sagen, geht ¸ber alle Gerichte, Wenigstens mir; o schafft mir davon, es soll Euch nicht reuen! Dienen werd ich Euch wieder.–Ihr spottet, sagte der andre. Nein, wahrhaftig! verschwor sich der Bâ°r, es ist ernstlich gesprochen. Ist dem also, versetzte der Rote: da kann ich Euch dienen, Denn der Bauer R¸steviel wohnt am Fuï¬e des Berges. Honig hat er! Gewiï¬, mit allem Eurem Geschlechte Saht Ihr niemal so viel beisammen. Da l¸stet’ es Braunen â¹bermâ°ï¬ig nach dieser geliebten Speise. O f¸hrt mich, Rief er, eilig dahin! Herr Oheim, ich will es gedenken, Schafft mir Honig, und wenn ich auch nicht gesâ°ttigt werde. Gehen wir, sagte der Fuchs: es soll an Honig nicht fehlen. Heute bin ich zwar schlecht zu Fuï¬e; doch soll mir die Liebe, Die ich Euch lange gewidmet, die sauern Tritte vers¸ï¬en. Denn ich kenne niemand von allen meinen Verwandten, Den ich verehrte, wie Euch! Doch kommt! Ihr werdet dagegen An des KËniges Hof am Herren-Tage mir dienen, Daï¬ ich der Feinde Gewalt und ihre Klagen beschâ°me. Honigsatt mach ich Euch heute, so viel Ihr immer nur tragen MËget.–Es meinte der Schalk die Schlâ°ge der zornigen Bauern.
Reineke lief ihm zuvor, und blindlings folgte der Braune. Will mirs gelingen, so dachte der Fuchs: ich bringe dich heute Noch zu Markte, wo dir ein bittrer Honig zuteil wird. Und sie kamen zu R¸steviels Hofe; das freute den Bâ°ren, Aber vergebens, wie Toren sich oft mit Hoffnung betr¸gen.
Abend war es geworden, und Reineke wuï¬te, gewËhnlich Liege R¸steviel nun in seiner Kammer zu Bette, Der ein Zimmermann war, ein t¸chtiger Meister. Im Hofe Lag ein eichener Stamm; er hatte, diesen zu trennen, Schon zwei t¸chtige Keile hineingetrieben, und oben, Klaffte gespalten der Baum fast ellenweit. Reineke merkt’ es, Und er sagte: Mein Oheim, in diesem Baume befindet Sich des Honigs mehr, als Ihr vermutet; nun stecket Eure Schnauze hinein, so tief Ihr mËget. Nur rat ich, Nehmt nicht gierig zu viel, es mËcht Euch ¸bel bekommen. Meint Ihr, sagte der Bâ°r, ich sei ein Vielfraï¬? mitnichten! Maï¬ ist ¸berall gut, bei allen Dingen. Und also Lieï¬ der Bâ°r sich betËren und steckte den Kopf in die Spalte Bis an die Ohren hinein und auch die vordersten F¸ï¬e. Reineke machte sich dran, mit vielem Ziehen und Zerren Bracht er die Keile heraus: nun war der Braune gefangen, Haupt und F¸ï¬e geklemmt; es half kein Schelten noch Schmeicheln. Vollauf hatte der Braune zu tun, so stark er und k¸hn war, Und so hielt der Neffe mit List den Oheim gefangen. Heulend plâ°rrte der Bâ°r, und mit den hintersten F¸ï¬en Scharrt’ er grimmig und lâ°rmte so sehr, daï¬ R¸steviel aufsprang. Was es wâ°re? dachte der Meister und brachte sein Beil mit, Daï¬ man bewaffnet ihn fâ°nde, wenn jemand zu schaden gedâ°chte. Braun befand sich indes in groï¬en â°ngsten; die Spalte Klemmt’ ihn gewaltig, er zog und zerrte, br¸llend vor Schmerzen. Aber mit alle der Pein war nichts gewonnen; er glaubte Nimmer von dannen zu kommen; so meint’ auch Reineke freudig. Als er R¸steviel sah von ferne schreiten, da rief er: Braun, wie steht es? Mâ°ï¬iget Euch und schonet des Honigs! Sagt, wie schmeckt es? R¸steviel kommt und will Euch bewirten! Nach der Mahlzeit bringt er ein Schl¸ckchen, es mag Euch bekommen!
Da ging Reineke wieder nach Malepartus, der Feste. Aber R¸steviel kam, und als er den Bâ°ren erblickte, Lief er, die Bauern zu rufen, die noch in der Schenke beisammen Schmauseten. Kommt! so rief er: in meinem Hofe gefangen Hat sich ein Bâ°r, ich sage die Wahrheit. Sie folgten und liefen, Jeder bewehrte sich eilig, so gut er konnte. Der eine Nahm die Gabel zur Hand, und seinen Rechen der andre, Und der dritte, der vierte, mit Spieï¬ und Hacke bewaffnet, Kamen gesprungen, der f¸nfte mit einem Pfahle ger¸stet. Ja, der Pfarrer und K¸ster, sie kamen mit ihrem Gerâ°te. Auch die KËchin des Pfaffen (sie hieï¬ Frau Jutte, sie konnte Gr¸tze bereiten und kochen wie keine) blieb nicht dahinten, Kam mit dem Rocken gelaufen, bei dem sie am Tage gesessen, Dem ungl¸cklichen Bâ°ren den Pelz zu waschen. Der Braune HËrte den wachsenden Lâ°rm in seinen schrecklichen NËten, Und er riï¬ mit Gewalt das Haupt aus der Spalte; da blieb ihm Haut und Haar des Gesichts bis zu den Ohren im Baume. Nein! kein klâ°glicher Tier hat jemand gesehen! es rieselt’ â¹ber die Ohren das Blut. Was half ihm, das Haupt zu befreien? Denn es blieben die Pfoten im Baume stecken; da riï¬ er Hastig sie ruckend heraus; er raste sinnlos, die Klauen Und von den F¸ï¬en das Fell blieb in der klemmenden Spalte. Leider schmeckte dies nicht nach s¸ï¬em Honig, wozu ihm Reineke Hoffnung gemacht; die Reise war ¸bel geraten, Eine sorgliche Fahrt war Braunen geworden. Es blutet’ Ihm der Bart und die F¸ï¬e dazu, er konnte nicht stehen, Konnte nicht kriechen, noch gehn. Und R¸steviel eilte, zu schlagen, Alle fielen ihn an, die mit dem Meister gekommen; Ihn zu tËten, war ihr Begehr. Es f¸hrte der Pater Einen langen Stab in der Hand und schlug ihn von ferne. K¸mmerlich wandt er sich hin und her, es drâ°ngt’ ihn der Haufen, Einige hier mit Spieï¬en, dort andre mit Beilen, es brachte Hammer und Zange der Schmied, es kamen andre mit Schaufeln, Andre mit Spaten, sie schlugen drauflos und riefen und schlugen, Daï¬ er vor schmerzlicher Angst im eignem Unflat sich wâ°lzte. Alle setzten ihm zu, es blieb auch keiner dahinten; Der krummbeinige Schloppe mit dem breitnasigen Ludolf Waren die Schlimmsten, und Gerold bewegte den hËlzernen Flegel Zwischen den krummen Fingern; ihm stand sein Schwager zur Seite, K¸ckelrei war es, der dicke, die beiden schlugen am meisten. Abel Quack und Frau Jutte dazu, sie lieï¬ens nicht fehlen; Talke Lorden Quacks traf mit der Butte den Armen. Und nicht diese Genannten allein, denn Mâ°nner und Weiber, Alle liefen herzu und wollten das Leben des Bâ°ren. K¸ckelrei machte das meiste Geschrei, er d¸nkte sich vornehm: Denn Frau Willigetrud am hinteren Tore (man wuï¬t es) War die Mutter, bekannt war nie sein Vater geworden. Doch es meinten die Bauern, der Stoppelmâ°her, der schwarze Sander, sagten sie, mËcht es wohl sein, ein stolzer Geselle, Wenn er allein war. Es kamen auch Steine gewaltig geflogen, Die den verzweifelten Braunen von allen Seiten bedrâ°ngten. Nun sprang R¸steviels Bruder hervor und schlug mit dem langen, Dicken Kn¸ttel den Bâ°ren aufs Haupt, daï¬ HËren und Sehen Ihm verging, doch fuhr er empor vom mâ°chtigen Schlage. Rasend fuhr er unter die Weiber, die untereinander Taumelten, fielen und schrien, und einige st¸rzten ins Wasser, Und das Wasser war tief. Da rief der Pater und sagte: Sehet, da unten schwimmt Frau Jutte, die KËchin, im Pelze, Und der Rocken ist hier! O helft, ihr Mâ°nner! Ich gebe Bier zwei Tonnen zum Lohn und groï¬en Ablaï¬ und Gnade. Alle lieï¬en f¸r tot den Bâ°ren liegen und eilten Nach den Weibern ans Wasser, man zog aufs Trockne die f¸nfe. Da indessen die Mâ°nner am Ufer beschâ°ftiget waren, Kroch der Bâ°r ins Wasser vor groï¬em Elend und brummte Vor entsetzlichem Weh. Er wollte sich lieber ersâ°ufen, Als die Schlâ°ge so schâ°ndlich erdulden. Er hatte zu schwimmen Nie versucht und hoffte sogleich das Leben zu enden. Wider Vermuten f¸hlt’ er sich schwimmen, und gl¸cklich getragen Ward er vom Wasser hinab, es sahen ihn alle die Bauern, Riefen: Das wird uns gewiï¬ zur ewigen Schande gereichen! Und sie waren verdrieï¬lich und schalten ¸ber die Weiber: Besser blieben sie doch zu Hause! da seht nun, er schwimmet Seiner Wege. Sie traten herzu, den Block zu besehen, Und sie fanden darin noch Haut und Haare vom Kopfe Und von den F¸ï¬en und lachten darob und riefen: Du kommst uns Sicher wieder, behalten wir doch die Ohren zum Pfande! So verhËhnten sie ihn noch ¸ber den Schaden, doch war er Froh, daï¬ er nur dem ¸bel entging. Er fluchte den Bauern, Die ihn geschlagen, und klagte den Schmerz der Ohren und F¸ï¬e, Fluchte Reineken, der ihn verriet. Mit solchen Gebeten Schwamm er weiter, es trieb ihn der Strom, der reiï¬end und groï¬ war, Binnen weniger Zeit fast eine Meile hinunter; Und da kroch er ans Land am selbigen Ufer und keichte. Kein bedrâ°ngteres Tier hat je die Sonne gesehen! Und er dachte den Morgen nicht zu erleben, er glaubte PlËtzlich zu sterben und rief. O Reineke, falscher Verrâ°ter! Loses GeschËpf!. Er dachte dabei der schlagenden Bauern, Und er dachte des Baums und fluchte Reinekens Listen.
Aber Reineke Fuchs, nachdem er mit gutem Bedachte Seinen Oheim zu Markte gef¸hrt, ihm Honig zu schaffen, Lief er nach H¸hnern, er wuï¬te den Ort, und schnappte sich eines, Lief und schleppte die Beute behend am Flusse hinunter. Dann verzehrt’ er sie gleich und eilte nach andern Geschâ°ften Immer am Flusse dahin und trank des Wassers und dachte: O wie bin ich so froh, daï¬ ich den tËlpischen Bâ°ren So zu Hofe gebracht! Ich wette, R¸steviel hat ihm Wohl das Beil zu kosten gegeben. Es zeigte der Bâ°r sich Stets mir feindlich gesinnt, ich hab es ihm wieder vergolten. Oheim hab ich ihn immer genannt, nun ist er am Baume Tot geblieben; des will ich mich freun, solang ich nur lebe. Klagen und schaden wird er nicht mehr!–Und wie er so wandelt, Schaut er am Ufer hinab und sieht den Bâ°ren sich wâ°lzen. Das verdroï¬ ihm im Herzen, daï¬ Braun lebendig entkommen. R¸steviel, rief er, du lâ°ssiger Wicht! du grober Geselle! Solche Speise verschmâ°hst du? die fett und guten Geschmacks ist, Die manch ehrlicher Mann sich w¸nscht, und die so gemâ°chlich Dir zu Handen gekommen. Doch hat f¸r deine Bewirtung Dir der redliche Braun ein Pfand gelassen! So dacht er, Als er den Braunen betr¸bt, ermattet und blutig erblickte. Endlich rief er ihn an: Herr Oheim, find ich Euch wieder? Habt Ihr etwas vergessen bei R¸steviel? sagt mir, ich lass ihm Wissen, wo Ihr geblieben. Doch soll ich sagen, ich glaube, Vieles Honig habt Ihr gewiï¬ dem Manne gestohlen, Oder habt Ihr ihn redlich bezahlt? wie ist es geschehen? Ei! wie seid Ihr gemalt? das ist ein schmâ°hliches Wesen! War der Honig nicht guten Geschmacks; Zu selbigem Preise Steht noch manches zu Kauf! Doch, Oheim, saget mir eilig, Welchem Orden habt Ihr Euch wohl so k¸rzlich gewidmet, Daï¬ Ihr ein rotes Barett auf Eurem Haupte zu tragen Anfangt? Seid Ihr ein Abt? Es hat der Bader gewiï¬lich, Der die Platte Euch schor, nach Euren Ohren geschnappet. Ihr verloret den Schopf, wie ich sehe, das Fell von den Wangen Und die Handschuh dabei. Wo habt Ihr sie hâ°ngen gelassen? Und so muï¬te der Braune die vielen spËttischen Worte Hintereinander vernehmen und konnte vor Schmerzen nicht reden, Sich nicht raten noch helfen. Und um nicht weiter zu hËren, Kroch er ins Wasser zur¸ck und trieb mit dem reiï¬enden Strome Nieder und landete drauf am flachen Ufer. Da lag er, Krank und elend, und jammerte laut und sprach zu sich selber: Schl¸ge nur einer mich tot! Ich kann nicht gehen und sollte Nach des KËniges Hof die Reise vollenden, und bleibe So geschâ°ndet zur¸ck von Reinekens bËsem Verrate. Bring ich mein Leben davon, gewiï¬, dich soll es gereuen! Doch er raffte sich auf und schleppte mit grâ°ï¬lichen Schmerzen Durch vier Tage sich fort, und endlich kam er zu Hofe.
Als der KËnig den Bâ°ren in seinem Elend erblickte, Rief er: Gnâ°diger Gott! Erkenn ich Braunen? Wie kommt er So geschâ°ndet? Und Braun versetzte: Leider erbâ°rmlich Ist das Ungemach, das Ihr erblickt; so hat mich der Frevler Reineke schâ°ndlich verraten! Da sprach der KËnig entr¸stet: Râ°chen will ich gewiï¬ ohn alle Gnade den Frevel. Solch einen Herrn wie Braun, den sollte Reineke schâ°nden? Ja, bei meiner Ehre, bei meiner Krone! das schwËr ich, Alles soll Reineke b¸ï¬en, was Braun zu Rechte begehret. Halt ich mein Wort nicht, so trag ich kein Schwert mehr, ich will es geloben!
Und der KËnig gebot, es solle der Rat sich versammeln, â¹berlegen und gleich der Frevel Strafe bestimmen. Alle rieten darauf, wofern es dem KËnig beliebte, Solle man Reineken abermals fordern, er solle sich stellen, Gegen Anspruch und Klage sein Recht zu wahren. Es kËnne Hinze, der Kater, sogleich die Botschaft Reineken bringen, Weil er klug und gewandt sei. So rieten sie alle zusammen.
Und es vereinigte sich der KËnig mit seinen Genossen, Sprach zu Hinzen: Merket mir recht die Meinung der Herren! Lie﬒ er sich aber zum drittenmal fordern, so soll es ihm selbst und Seinem ganzen Geschlecht zum ewigen Schaden gereichen; Ist er klug, so komm er inzeiten. Ihr schâ°rft ihm die Lehre; Andre verachtet er nur, doch Eurem Rate gehorcht er.
Aber Hinze versetzte: Zum Schaden oder zum Frommen Mag es gereichen, komm ich zu ihm, wie soll ichs beginnen? Meinetwegen tut oder laï¬t es, aber ich dâ°chte, Jeden andern zu schicken, ist besser, da ich so klein bin. Braun, der Bâ°r, so groï¬ und stark, und konnt ihn nicht zwingen, Welcher Weise soll ich es enden? O! habt mich entschuldigt.
Du beredest mich nicht, versetzte der KËnig: man findet Manchen kleinen Mann voll List und Weisheit, die manchem Groï¬en fremd ist. Seid Ihr auch gleich kein Riese gewachsen, Seid Ihr doch klug und gelehrt. Da gehorchte der Kater und sagte: Euer Wille geschehe! und kann ich ein Zeichen erblicken Rechter Hand am Wege, so wird die Reise gelingen.
Dritter Gesang
Nun war Hinze, der Kater, ein St¸ckchen Weges gegangen; Einen Martins-Vogel erblickt’ er von weitem, da rief er: Edler Vogel! Gl¸ck auf. o wende die Fl¸gel und fliege Her zu meiner Rechten! Es flog der Vogel und setzte Sich zur Linken des Katers, auf einem Baume zu singen. Hinze betr¸bte sich sehr, er glaubte sein Ungl¸ck zu hËren, Doch er machte nun selber sich Mut, wie mehrere pflegen. Immer wandert’ er fort nach Malepartus, da fand er Vor dem Hause Reineken sitzen, er gr¸ï¬t’ ihn und sagte: Gott, der reiche, der gute, bescher Euch gl¸cklichen Abend! Euer Leben bedrohet der KËnig, wofern Ihr Euch weigert, Mit nach Hofe zu kommen; und ferner lâ°ï¬t er Euch sagen: Stehet den Klâ°gern zu Recht, sonst werdens die Eurigen b¸ï¬en. Reineke sprach: Willkommen dahier, geliebtester Neffe! MËget Ihr Segen von Gott nach meinem Wunsche genieï¬en. Aber er dachte nicht so in seinem verrâ°trischen Herzen; Neue T¸cke sann er sich aus, er wollte den Boten Wieder geschâ°ndet nach Hofe senden. Er nannte den Kater Immer seinen Neffen und sagte: Neffe, was setzt man Euch f¸r Speise nur vor? Man schlâ°ft gesâ°ttiget besser; Einmal bin ich der Wirt, wir gingen dann morgen am Tage Beide nach Hofe: so d¸nkt es mich gut. Von meinen Verwandten Ist mir keiner bekannt, auf den ich mich lieber verlieï¬e. Denn der gefrâ°ï¬ige Bâ°r war trotzig zu mir gekommen. Er ist grimmig und stark, daï¬ ich um vieles nicht hâ°tte Ihm zur Seite die Reise gewagt. Nun aber versteht sichs, Gerne geh ich mit Euch. Wir machen uns fr¸he des Morgens Auf den Weg: so scheinet es mir das beste geraten. Hinze versetzte darauf. Es wâ°re besser, wir machten Gleich uns fort nach Hofe, so wie wir gehen und stehen. Auf der Heide scheinet der Mond, die Wege sind trocken. Reineke sprach: Ich finde bei Nacht das Reisen gefâ°hrlich, Mancher gr¸ï¬et uns freundlich bei Tage, doch kâ°m er im Finstern Uns in den Weg, es mËchte wohl kaum zum besten geraten. Aber Hinze versetzte: So laï¬t mich wissen, mein Neffe, Bleib ich hier, was sollen wir essen? Und Reineke sagte: Ærmlich behelfen wir uns; doch wenn Ihr bleibet, so bring ich Frische Honigscheiben hervor, ich wâ°hle die klâ°rsten. Niemals eï¬ ich dergleichen, versetzte murrend der Kater: Fehlet Euch alles im Hause, so gebt eine Maus her! Mit dieser Bin ich am besten versorgt, und sparet das Honig f¸r andre. Eï¬t Ihr Mâ°use so gern? sprach Reineke: redet mir ernstlich; Damit kann ich Euch dienen. Es hat mein Nachbar, der Pfaffe, Eine Scheun im Hofe, darin sind Mâ°use, man f¸hre Sie auf keinem Wagen hinweg: ich hËre den Pfaffen Klagen, daï¬ sie bei Nacht und Tag ihm lâ°stiger werden. Unbedâ°chtig sagte der Kater: Tut mir die Liebe, Bringet mich hin zu den Mâ°usen! denn ¸ber Wildbret und alles Lob ich mir Mâ°use, die schmecken am besten. Und Reineke sagte: Nun wahrhaftig, Ihr sollt mir ein herrliches Gastmahl genieï¬en. Da mir bekannt ist, womit ich Euch diene, so laï¬t uns nicht zaudern.
Hinze glaubt’ ihm und folgte; sie kamen zur Scheune des Pfaffen, Zu der lehmernen Wand. Die hatte Reineke gestern Klug durchgraben und hatte durchs Loch dem schlafenden Pfaffen Seiner Hâ°hne den besten entwendet. Das wollte Martinchen Râ°chen, des geistlichen Herrn geliebtes SËhnchen; er kn¸pfte Klug vor die Ëffnung den Strick mit einer Schlinge; so hofft’ er Seinen Hahn zu râ°chen am wiederkehrenden Diebe. Reineke wuï¬t und merkte sich das und sagte: Geliebter Neffe, kriechet hinein gerade zur Ëffnung; ich halte Wache davor, indessen Ihr mauset; Ihr werdet zu Haufen Sie im Dunkeln erhaschen. O hËret, wie munter sie pfeifen! Seid Ihr satt, so kommt nur zur¸ck, Ihr findet mich wieder. Trennen d¸rfen wir nicht uns diesen Abend, denn morgen Gehen wir fr¸h und k¸rzen den Weg mit muntern Gesprâ°chen. Glaubt Ihr, sagte der Kater, es sei hier sicher zu kriechen? Denn es haben mitunter die Pfaffen auch BËses im Sinne. Da versetzte der Fuchs, der Schelm: Wer konnte das wissen! Seid Ihr so blËde? Wir gehen zur¸ck: es soll Euch mein Weibchen Gut und mit Ehren empfangen, ein schmackhaft Essen bereiten; Wenn es auch Mâ°use nicht sind, so laï¬t es uns frËhlich verzehren. Aber Hinze, der Kater, sprang in die Ëffnung, er schâ°mte Sich vor Reinekens spottenden Worten, und fiel in die Schlinge. Also empfanden Reinekens Gâ°ste die bËse Bewirtung.
Da nun Hinze den Strick an seinem Halse versp¸rte, Fuhr er â°ngstlich zusammen und ¸bereilte sich furchtsam, Denn er sprang mit Gewalt: da zog der Strick sich zusammen. Klâ°glich rief er Reineken zu, der auï¬er dem Loche Horchte, sich hâ°misch erfreute und so zur Ëffnung hineinsprach: Hinze, wie schmecken die Mâ°use? Ihr findet sie, glaub ich, gemâ°stet. W¸ï¬te Martinchen doch nur, daï¬ Ihr sein Wildbret verzehret; Sicher brâ°cht er Euch Senf: er ist ein hËflicher Knabe. Singet man so bei Hofe zum Essen? Es klingt mir bedenklich. W¸ï¬t ich Isegrim nur in diesem Loche, so wie ich Euch zu Falle gebracht, er sollte mir alles bezahlen, Was er mir ¸bels getan! Und so ging Reineke weiter. Aber er ging nicht allein, um Diebereien zu ¸ben; Ehbruch, Rauben und Mord und Verrat, er hielt es nicht s¸ndlich. Und er hatte sich eben was ausgesonnen. Die schËne Gieremund wollt er besuchen, in doppelter Absicht: f¸rs erste Hofft er von ihr zu erfahren, was eigentlich Isegrim klagte; Zweitens wollte der Schalk die alten S¸nden erneuern. Isegrim war nach Hofe gegangen, das wollt er benutzen. Denn wer zweifelt daran, es hatte die Neigung der WËlfin Zu dem schâ°ndlichen Fuchse den Zorn des Wolfes entz¸ndet. Reineke trat in die Wohnung der Frauen und fand sie nicht heimisch. GrÂ¸ï¬ euch Gott! Stiefkinderchen! sagt’ er, nicht mehr und nicht minder, Nickte freundlich den Kleinen und eilte nach seinem Gewerbe. Als Frau Gieremund kam des Morgens, wie es nur tagte, Sprach sie: Ist niemand kommen, nach mir zu fragen? Soeben Geht Herr Pate Reineke fort, er w¸nscht’ Euch zu sprechen. Alle, wie wir hier sind, hat er Stiefkinder geheiï¬en. Da rief Gieremund aus: Er soll es bezahlen! und eilte, Diesen Frevel zu râ°chen zur selben Stunde. Sie wuï¬te, Wo er pflegte zu gehn; sie erreicht’ ihn, zornig begann sie: Was f¸r Worte sind das? und was f¸r schimpfliche Reden Habt Ihr ohne Gewissen vor meinen Kindern gesprochen? B¸ï¬en sollt Ihr daf¸r! So sprach sie zornig und zeigt’ ihm Ein ergrimmtes Gesicht; sie faï¬t’ ihn am Barte, da f¸hlt’ er Ihrer Zâ°hne Gewalt und lief und wollt ihr entweichen; Sie behend strich hinter ihm drein. Da gab es Geschichten– Ein verfallenes Schloï¬ war in der Nâ°he gelegen, Hastig liefen die beiden hinein; es hatte sich aber Altershalben die Mauer in einem Turme gespalten. Reineke schlupfte hindurch; allein er muï¬te sich zwâ°ngen, Denn die Spalte war eng; und eilig steckte die WËlfin, Groï¬ und stark, wie sie war, den Kopf in die Spalte; sie drâ°ngte, Schob und brach und zog und wollte folgen, und immer Klemmte sie tiefer sich ein und konnte nicht vorwâ°rts noch r¸ckwâ°rts. Da das Reineke sah, lief er zur anderen Seite Krummen Weges herein und kam und macht’ ihr zu schaffen. Aber sie lieï¬ es an Worten nicht fehlen, sie schalt ihn: Du handelst Als ein Schelm! ein Dieb! Und Reineke sagte dagegen: Ist es noch niemals geschehn, so mag es jetzo geschehen.
Wenig Ehre verschafft es, sein Weib mit andern zu sparen, Wie nun Reineke tat. Gleichviel war alles dem BËsen. Da nun endlich die WËlfin sich aus der Spalte gerettet, War schon Reineke weg und seine Straï¬e gegangen. Und so dachte die Frau, sich selber Recht zu verschaffen, Ihrer Ehre zu wahren, und doppelt war sie verloren.
Lasset uns aber zur¸ck nach Hinzen sehen. Der Arme, Da er gefangen sich f¸hlte, beklagte nach Weise der Kater Sich erbâ°rmlich: das hËrte Martinchen und sprang aus dem Bette. Gott sei Dank! Ich habe den Strick zur gl¸cklichen Stunde Vor die Ëffnung gekn¸pft; der Dieb ist gefangen! Ich denke, Wohl bezahlen soll er den Hahn! So jauchzte Martinchen. Z¸ndete hurtig ein Licht an (im Hause schliefen die Leute), Weckte Vater und Mutter darauf und alles Gesinde, Rief: Der Fuchs ist gefangen! wir wollen ihm dienen. Sie kamen Alle, groï¬ und klein, ja selbst der Pater erhub sich, Warf ein Mâ°ntelchen um; es lief mit doppelten Lichtern Seine KËchin voran, und eilig hatte Martinchen Einen Kn¸ttel gefaï¬t und machte sich ¸ber den Kater, Traf ihm Haut und Haupt und schlug ihm grimmig ein Aug aus. Alle schlugen auf ihn; es kam mit zackiger Gabel Hastig der Pater herbei und glaubte den Râ°uber zu fâ°llen. Hinze dachte zu sterben; da sprang er w¸tend entschlossen Zwischen die Schenkel des Pfaffen und biï¬ und kratzte gefâ°hrlich, Schâ°ndete grimmig den Mann und râ°chte grausam das Auge. Schreiend st¸rzte der Pater und fiel ohnmâ°chtig zur Erden. Unbedachtsam schimpfte die KËchin: es habe der Teufel Ihr zum Possen das Spiel selbst angerichtet. Und doppelt, Dreifach schwur sie: wie gern verlËre sie, wâ°re das Ungl¸ck Nicht dem Herren begegnet, ihr biï¬chen Habe zusammen. Ja, sie schwur: ein Schatz von Golde, wenn sie ihn hâ°tte, Sollte sie wahrlich nicht reuen, sie wollt ihn missen. So jammert’ Sie die Schande des Herrn und seine schwere Verwundung. Endlich brachten sie ihn mit vielen Klagen zu Bette, Lieï¬en Hinzen am Strick und hatten seiner vergessen.
Als nun Hinze, der Kater, in seiner Not sich allein sah, Schmerzlich geschlagen und ¸bel verwundet, so nahe dem Tode, Faï¬t’ er aus Liebe zum Leben den Strick und nagt’ ihn behende. Sollt ich mich etwa erlËsen vom groï¬en ¸bel? so dacht er. Und es gelang ihm, der Strick zerriï¬. Wie fand er sich gl¸cklich! Eilte, dem Ort zu entfliehn, wo er so vieles erduldet; Hastig sprang er zum Loche heraus und eilte die Straï¬e Nach des KËniges Hof, den er des Morgens erreichte. Ærgerlich schalt er sich selbst: So muï¬te dennoch der Teufel Dich durch Reinekens List, des bËsen Verrâ°ters, bezwingen! Kommst du doch mit Schande zur¸ck, am Auge geblendet Und mit Schlâ°gen schmerzlich beladen, wie muï¬t du dich schâ°men!
Aber des KËniges Zorn entbrannte heftig, er drâ°ute Dem Verrâ°ter den Tod ohn alle Gnade. Da lieï¬ er Seine Râ°te versammeln; es kamen seine Baronen, Seine Weisen zu ihm, er fragte: wie man den Frevler Endlich brâ°chte zu Recht, der schon so vieles verschuldet? Als nun viele Beschwerden sich ¸ber Reineken hâ°uften, Redete Grimbart, der Dachs: Es mËgen in diesem Gerichte Viele Herren auch sein, die Reineken ¸bels gedenken, Doch wird niemand die Rechte des freien Mannes verletzen. Nun zum drittenmal muï¬ man ihn fordern. Ist dieses geschehen, Kommt er dann nicht, so mËge das Recht ihn schuldig erkennen. Da versetzte der KËnig: Ich f¸rchte, keiner von allen Ginge, dem t¸ckischen Manne die dritte Ladung zu bringen. Wer hat ein Auge zu viel? wer mag verwegen genug sein, Leib und Leben zu wagen um diesen bËsen Verrâ°ter? Seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen und dennoch am Ende Reineken nicht zu stellen? Ich denke, niemand versucht es. â¹berlaut versetzte der Dachs: Herr KËnig, begehret Ihr es von mir, so will ich sogleich die Botschaft verrichten, Sei es, wie es auch sei. Wollt Ihr mich Ëffentlich senden, Oder geh ich, als kâ°m ich von selber? Ihr d¸rft nur befehlen. Da beschied ihn der KËnig: So geht dann! Alle die Klagen Habt Ihr sâ°mtlich gehËrt, und geht nur weislich zu Werke Denn es ist ein gefâ°hrlicher Mann. Und Grimbart versetzte: Einmal muï¬ ich es wagen und hoff ihn dennoch zu bringen. So betrat er den Weg nach Malepartus, der Feste; Reineken fand er daselbst mit Weib und Kindern und sagte: Oheim Reineke, seid mir gegr¸ï¬t! Ihr seid ein gelehrter, Weiser, kluger Mann, wir m¸ssen uns alle verwundern, Wie Ihr des KËnigs Ladung verachtet, ich sage, verspottet, Deucht Euch nicht, es wâ°re nun Zeit? Es mehren sich immer Klagen und bËse Ger¸chte von allen Seiten. Ich rat Euch, Kommt nach Hofe mit mir, es hilft kein lâ°ngeres Zaudern. Viele, viele Beschwerden sind vor den KËnig gekommen, Heute werdet Ihr nun zum dritten Male geladen; Stellt Ihr Euch nicht, so seid Ihr verurteilt. Dann f¸hret der KËnig Seine Vasallen hieher, Euch einzuschlieï¬en, in dieser Feste Malepartus Euch zu belagern; so gehet Ihr mit Weib und Kindern und Gut und Leben zugrunde. Ihr entfliehet dem KËnige nicht; drum ist es am besten, Kommt nach Hofe mit mir! Es wird an listiger Wendung Euch nicht fehlen, Ihr habt sie bereit und werdet Euch retten; Denn Ihr habt ja wohl oft, auch an gerichtlichen Tagen, Abenteuer bestanden, weit grËï¬er als dieses, und immer Kamt Ihr gl¸cklich davon und Eure Gegner in Schande.
Grimbart hatte gesprochen, und Reineke sagte dagegen: Oheim, Ihr ratet mir wohl, daï¬ ich zu Hofe mich stelle, Meines Rechtes selber zu wahren. Ich hoffe, der KËnig Wird mir Gnade gewâ°hren; er weiï¬, wie sehr ich ihm n¸tze; Aber er weiï¬ auch, wie sehr ich deshalb den andern verhaï¬t bin. Ohne mich kann der Hof nicht bestehn. Und hâ°tt ich noch zehnmal Mehr verbrochen, so weiï¬ ich es schon: sobald mirs gelinget, Ihm in die Augen zu sehen und ihn zu sprechen, so f¸hlt er Seinen Zorn im Busen bezwungen. Denn freilich begleiten Viele den KËnig und kommen in seinem Rate zu sitzen; Aber es geht ihm niemal zu Herzen; sie finden zusammen Weder Rat noch Sinn. Doch bleibet an jeglichem Hofe, Wo ich immer auch sei, der Ratschluï¬ meinem Verstande. Denn versammeln sich KËnig und Herren, in kitzlichen Sachen Klugen Rat zu ersinnen, so muï¬ ihn Reineken finden. Das miï¬gËnnen mir viele. Die hab ich leider zu f¸rchten, Denn sie haben den Tod mir geschworen, und grade die Schlimmsten Sind am Hofe versammelt, das macht mich eben bek¸mmert. â¹ber zehen und Mâ°chtige sinds, wie kann ich alleine Vielen widerstehn? Drum hab ich immer gezaudert. Gleichwohl find ich es besser, mit Euch nach Hofe zu wandeln, Meine Sache zu wahren; das soll mehr Ehre mir bringen, Als durch Zaudern mein Weib und meine Kinder in â°ngsten Und Gefahren zu st¸rzen; wir wâ°ren alle verloren. Denn der KËnig ist mir zu mâ°chtig, und was es auch wâ°re, M¸ï¬t ich tun, sobald ers befiehlt. Wir kËnnen versuchen, Gute Vertrâ°ge vielleicht mit unsern Feinden zu schlieï¬en.
Reineke sagte darnach: Frau Ermelyn, nehmet der Kinder (Ich empfehl es Euch) wahr, vor allen andern des j¸ngsten, Reinharts; es stehn ihm die Zâ°hne so artig ums Mâ°ulchen, ich hoff, er Wird der leibhaftige Vater; und hier ist Rossel, das Schelmchen, Der mir ebenso lieb ist. O! tut den Kindern zusammen Etwas zu gut, indes ich weg bin! Ich wills Euch gedenken, Kehr ich gl¸cklich zur¸ck und Ihr gehorchet den Worten. Also schied er von dannen mit Grimbart, seinem Begleiter, Lieï¬ Frau Ermelyn dort mit beiden SËhnen und eilte; Unberaten lieï¬ er sein Haus; das schmerzte die F¸chsin.
Beide waren noch nicht ein St¸ndchen Weges gegangen, Als zu Grimbart Reineke sprach: Mein teuerster Oheim, Wertester Freund, ich muï¬ Euch gestehn, ich bebe vor Sorgen. Ich entschlage mich nicht des â°ngstlichen, bangen Gedankens, Daï¬ ich wirklich dem Tod entgegensehe. Da seh ich Meine S¸nden vor mir, so viel ich deren begangen. Ach! Ihr glaubet mir nicht die Unruh, die ich empfinde. Laï¬t mich beichten! hËret mich an! kein anderer Pater Ist in der Nâ°he zu finden; und hab ich alles vom Herzen, Werd ich nicht schlimmer darum vor meinem KËnige stehen. Grimbart sagte: Verredet zuerst das Rauben und Stehlen, Allen bËsen Verrat und andre gewËhnliche T¸cken, Sonst kann Euch die Beichte nicht helfen. Ich weiï¬ es, versetzte Reineke: darum laï¬t mich beginnen und hËret bedâ°chtig.
Confiteor tibi Pater et Mater, daï¬ ich der Otter, Daï¬ ich dem Kater und manchen gar manche T¸cke versetzte, Ich bekenn es und lasse mir gern die Buï¬e gefallen. Redet Deutsch, versetzte der Dachs, damit ichs verstehe. Reineke sagte: Ich habe mich freilich, wie sollt ich es leugnen! Gegen alle Tiere, die jetzo leben, vers¸ndigt. Meinen Oheim, den Bâ°ren, den hielt ich im Baume gefangen; Blutig ward ihm sein Haupt, und viele Pr¸gel ertrug er. Hinzen f¸hrt ich nach Mâ°usen; allein am Stricke gehalten Muï¬t er vieles erdulden und hat sein Auge verloren. Und so klaget auch Henning mit Recht, ich raubt ihm die Kinder, Groï¬ und kleine, wie ich sie fand, und lieï¬ sie mir schmecken. Selbst verschont ich des KËniges nicht, und mancherlei T¸cken â¹bt ich k¸hnlich an ihm und an der KËnigin selber; Spâ°t verwindet sies nur. Und weiter muï¬ ich bekennen: Isegrim hab ich, den Wolf, mit allem Fleiï¬e geschâ°ndet; Alles zu sagen, fâ°nd ich nicht Zeit. So hab ich ihn immer Scherzend Oheim genannt, und wir sind keine Verwandte. Einmal, es werden nun bald sechs Jahre, kam er nach Elkmar Zu mir ins Kloster, ich wohnte daselbst, und bat mich um Beistand, Weil er eben ein MËnch zu werden gedâ°chte. Das, meint’ er, Wâ°r ein Handwerk f¸r ihn, und zog die Glocke. Das Lâ°uten Freut’ ihn so sehr! Ich band ihm darauf die vorderen F¸ï¬e Mit dem Seile zusammen, er war es zufrieden und stand so, Zog und erlustigte sich und schien das Lâ°uten zu lernen. Doch es sollt ihm die Kunst zu schlechter Ehre gedeihen, Denn er lâ°utete zu wie toll und tËrig. Die Leute Liefen eilig best¸rzt aus allen Straï¬en zusammen, Denn sie glaubten, es sei ein groï¬es Ungl¸ck begegnet; Kamen und fanden ihn da, und eh er sich eben erklâ°rte, Daï¬ er den geistlichen Stand ergreifen wolle, so war er Von der dringenden Menge beinah zu Tode geschlagen. Dennoch beharrte der Tor auf seinem Vorsatz und bat mich, Daï¬ ich ihm sollte mit Ehren zu einer Platte verhelfen; Und ich lieï¬ ihm das Haar auf seinem Scheitel versengen, Daï¬ die Schwarte davon zusammenschrumpfte. So hab ich Oft ihm Pr¸gel und StËï¬e mit vieler Schande bereitet. Fische lehrt ich ihn fangen, sie sind ihm ¸bel bekommen. Einmal folgt’ er mir auch im J¸licher Lande, wir schlichen Zu der Wohnung des Pfaffen, des reichsten in dortiger Gegend. Einen Speicher hatte der Mann mit kËstlichen Schinken, Lange Seiten des zartesten Specks verwahrt’ er daneben, Und ein frisch gesalzenes Fleisch befand sich im Troge. Durch die steinerne Mauer gelang es Isegrim endlich, Eine Spalte zu kratzen, die ihn gemâ°chlich hindurchlieï¬, Und ich trieb ihn dazu, es trieb ihn seine Begierde. Aber da konnt er sich nicht im ¸berflusse bezwingen, â¹bermâ°ï¬ig f¸llt’ er sich an; da hemmte gewaltig Den geschwollenen Leib und seine R¸ckkehr die Spalte. Ach, wie klagt’ er sie an, die ungetreue, sie lieï¬ ihn Hungrig hinein und wollte dem Satten die R¸ckkehr verwehren. Und ich machte darauf ein groï¬es Lâ°rmen im Dorfe, Daï¬ ich die Menschen erregte, die Spuren des Wolfes zu finden. Denn ich lief in die Wohnung des Pfaffen und traf ihn beim Essen, Und ein fetter Kapaun ward eben vor ihn getragen, Wohlgebraten; ich schnappte darnach und trug ihn von dannen. Hastig wollte der Pfaffe mir nach und lâ°rmte, da stieï¬ er â¹ber den Haufen den Tisch mit Speisen und allem Getrâ°nke. Schlaget, werfet, fanget und stechet! so rief der ergrimmte Pater und fiel und k¸hlte den Zorn (er hatte die Pf¸tze Nicht gesehen) und lag. Und alle kamen und schrien: Schlagt! ich rannte davon und hinter mir alle zusammen, Die mir das Schlimmste gedachten. Am meisten lâ°rmte der Pfaffe: Welch ein verwegener Dieb! Er nahm das Huhn mir vom Tische! Und so lief ich voraus, bis zu dem Speicher, da lieï¬ ich Wider Willen das Huhn zur Erde fallen, es ward mir Endlich leider zu schwer; und so verlor mich die Menge. Aber sie fanden das Huhn, und da der Pater es aufhub, Ward er des Wolfes im Speicher gewahr, es sah ihn der Haufen. Allen rief der Pater nun zu: Hierher nur! und trefft ihn! Uns ist ein anderer Dieb, ein Wolf, in die Hâ°nde gefallen, Kâ°m er davon, wir wâ°ren beschimpft; es lachte wahrhaftig Alles auf unsere Kosten im ganzen J¸licher Lande. Was er nur konnte, dachte der Wolf. Da regnet’ es Schlâ°ge Hierher und dorther ihm ¸ber den Leib und schmerzliche Wunden. Alle schrien, so laut sie konnten; die ¸brigen Bauern Liefen zusammen und streckten f¸r tot ihn zur Erde darnieder. GrËï¬eres Weh geschah ihm noch nie, solang er auch lebte. Malt’ es einer auf Leinwand, es wâ°re seltsam zu sehen, Wie er dem Pfaffen den Speck und seine Schinken bezahlte. Auf die Straï¬e warfen sie ihn und schleppten ihn eilig â¹ber Stock und Stein; es war kein Leben zu sp¸ren. Und er hatte sich unrein gemacht, da warf man mit Abscheu Vor das Dorf ihn hinaus: er lag in schlammiger Grube, Denn sie glaubten ihn tot. In solcher schmâ°hlichen Ohnmacht Blieb er, ich weiï¬ nicht wie lange, bevor er sein Elend gewahr ward. Wie er noch endlich entkommen, das hab ich niemals erfahren. Und doch schwur er hernach (es kann ein Jahr sein), mir immer Treu und gewâ°rtig zu bleiben; nur hat es nicht lange gedauert. Denn warum er mir schwur, das konnt ich leichtlich begreifen: Gerne hâ°tt er einmal sich satt an H¸hnern gegessen. Und damit ich ihn t¸chtig betrËge, beschrieb ich ihm ernstlich Einen Balken, auf dem sich ein Hahn des Abends gewËhnlich Neben sieben H¸hnern zu setzen pflegte. Da f¸hrt’ ich Ihn im stillen bei Nacht, es hatte zwËlfe geschlagen, Und der Laden des Fensters, mit leichter Latte gest¸tzet, Stand (ich wuï¬t es) noch offen. Ich tat, als wollt ich hineingehn; Aber ich schmiegte mich an und lieï¬ dem Oheim den Vortritt. Gehet frei nur hinein, so sagt ich: wollt Ihr gewinnen, Seid geschâ°ftig, es gilt! Ihr findet gemâ°stete Hennen. Gar bedâ°chtig kroch er hinein und tastete leise Hier- und dahin und sagte zuletzt mit zornigen Worten: O wie f¸hrt Ihr mich schlecht! ich finde wahrlich von H¸hnern Keine Feder. Ich sprach: Die vorne pflegten zu sitzen, Hab’ ich selber geholt, die andern sitzen dahinten. Geht nur unverdrossen voran und tretet behutsam. Freilich der Balken war schmal, auf dem wir gingen. Ich lieï¬ ihn Immer voraus und hielt mich zur¸ck und dr¸ckte mich r¸ckwâ°rts Wieder zum Fenster hinaus und zog am Holze; der Laden Schlug und klappte, das fuhr dem Wolf in die Glieder und schreckt’ ihn; Zitternd plumpt’ er hinab vom schmalen Balken zur Erde. Und erschrocken erwachten die Leute, sie schliefen am Feuer. Sagt, was fiel zum Fenster herein? so riefen sie alle, Rafften behende sich auf, und eilig brannte die Lampe. In der Ecke fanden sie ihn und schlugen und gerbten Ihm gewaltig das Fell; mich wundert, wie er entkommen.
Weiter bekenn ich vor Euch: daï¬ ich Frau Gieremund heimlich ÷fters besucht und Ëffentlich auch. Das hâ°tte nun freilich Unterbleiben sollen, o wâ°r es niemals geschehen! Denn solange sie lebt, verwindet sie schwerlich die Schande.
Alles hab ich Euch jetzt gebeichtet, dessen ich irgend Mich zu erinnern vermag, was meine Seele beschweret. Sprechet mich los! ich bitte darum; ich werde mit Demut Jede Buï¬e vollbringen, die schwerste, die Ihr mir auflegt.
Grimbart wuï¬te sich schon in solchen Fâ°llen zu nehmen, Brach ein Reischen am Wege, dann sprach er: Oheim, nun schlagt Euch Dreimal ¸ber den R¸cken mit diesem Reischen und legt es, Wie ichs Euch zeige, zur Erde und springet dreimal dar¸ber; Dann mit Sanftmut k¸sset das Reis und zeigt Euch gehorsam. Solche Buï¬e leg ich Euch auf und spreche von allen S¸nden und allen Strafen Euch los und ledig, vergeb Euch Alles im Namen des Herrn, soviel Ihr immer begangen.
Und als Reineke nun die Buï¬e willig vollendet, Sagte Grimbart: Lasset an guten Werken, mein Oheim, Eure Besserung sp¸ren und leset Psalmen, besuchet Fleiï¬ig die Kirchen und fastet an rechten gebotenen Tagen; Wer Euch fraget, dem weiset den Weg, und gebet den Armen Gern, und schwËret mir zu, das bËse Leben zu lassen, Alles Rauben und Stehlen, Verrat und bËse Verf¸hrung, Und so ist es gewiï¬, daï¬ Ihr zu Gnaden gelanget. Reineke sprach: So will ich es tun, so sei es geschworen!
Und so war die Beichte vollendet. Da gingen sie weiter Nach des KËniges Hof. Der fromme Grimbart und jener Kamen durch schwâ°rzliche fette Gebreite; sie sahen ein Kloster Rechter Hand des Weges. Es dienten geistliche Frauen, Spat und fr¸h, dem Herren daselbst und nâ°hrten im Hofe Viele H¸hner und Hâ°hne, mit manchem schËnen Kapaune, Welche nach Futter zuweilen sich auï¬er der Mauer zerstreuten. Reineke pflegte sie oft zu besuchen. Da sagt’ er zu Grimbart: Unser k¸rzester Weg geht an der Mauer vor¸ber; Aber er meinte die H¸hner, wie sie im Freien spazierten. Seinen Beichtiger f¸hrt’ er dahin, sie nahten den H¸hnern; Da verdrehte der Schalk die gierigen Augen im Kopfe. Ja, vor allen gefiel ihm ein Hahn, der jung und gemâ°stet Hinter den andern spazierte, den faï¬t’ er treulich ins Auge, Hastig sprang er hinter ihm drein; es stoben die Federn.
Aber Grimbart, entr¸stet, verwies ihm den schâ°ndlichen R¸ckfall. Handelt Ihr so? unseliger Oheim, und wollt Ihr schon wieder Um ein Huhn in S¸nde geraten, nachdem Ihr gebeichtet? SchËne Reue heiï¬ ich mir das! Und Reineke sagte: Hab ich es doch in Gedanken getan! O teuerster Oheim, Bittet zu Gott, er mËge die S¸nde mir gnâ°dig vergeben. Nimmer tu ich es wieder und laï¬ es gerne. Sie kamen Um das Kloster herum in ihre Straï¬e, sie muï¬ten â¹ber ein schmales Br¸ckchen hin¸ber, und Reineke blickte Wieder nach den H¸hnern zur¸ck; er zwang sich vergebens. Hâ°tte jemand das Haupt ihm abgeschlagen, es wâ°re Nach den H¸hnern geflogen; so heftig war die Begierde.
Grimbart sah es und rief. Wo laï¬t Ihr, Neffe, die Augen Wieder spazieren? F¸rwahr, Ihr seid ein hâ°ï¬licher Vielfraï¬! Reineke sagte darauf: Das macht Ihr ¸bel, Herr Oheim! â¹bereilet Euch nicht und stËrt nicht meine Gebete; Laï¬t ein Paternoster mich sprechen. Die Seelen der H¸hner Und der Gâ°nse bed¸rfen es wohl, soviel ich den Nonnen, Diesen heiligen Frauen, durch meine Klugheit entrissen. Grimbart schwieg, und Reineke Fuchs verwandte das Haupt nicht Von den H¸hnern, solang er sie sah. Doch endlich gelangten Sie zur rechten Straï¬e zur¸ck und nahten dem Hofe. Und als Reineke nun die Burg des KËnigs erblickte, Ward er innig betr¸bt; denn heftig war er beschuldigt.
Vierter Gesang
Als man bei Hofe vernahm, es komme Reineke wirklich, Drâ°ngte sich jeder heraus, ihn zu sehn, die Groï¬en und Kleinen, Wenige freundlich gesinnt, fast alle hatten zu klagen. Aber Reineken deuchte, das sei von keiner Bedeutung; Wenigstens stellt’ er sich so, da er mit Grimbart, dem Dachse, Jetzo dreist und zierlich die hohe Straï¬e daherging. Mutig kam er heran und gelassen, als wâ°r er des KËnigs Eigener Sohn und frei und ledig von allen Gebrechen. Ja, so trat er vor Nobel, den KËnig, und stand im Palaste Mitten unter den Herren; er wuï¬te sich ruhig zu stellen.
Edler KËnig, gnâ°diger Herr! begann er zu sprechen: Edel seid Ihr und groï¬, von Ehren und W¸rden der Erste; Darum bitt ich von Euch, mich heute rechtlich zu hËren. Keinen treueren Diener hat Eure f¸rstliche Gnade Je gefunden als mich, das darf ich k¸hnlich behaupten. Viele weiï¬ ich am Hofe, die mich dar¸ber verfolgen. Eure Freundschaft w¸rd ich verlieren, woferne die L¸gen Meiner Feinde, wie sie es w¸nschen, Euch glaublich erschienen; Aber gl¸cklicherweise bedenkt Ihr jeglichen Vortrag, HËrt den Beklagten so gut als den Klâ°ger; und haben sie vieles Mir im R¸cken gelogen, so bleib ich ruhig und denke: Meine Treue kennt Ihr genug, sie bringt mir Verfolgung.
Schweiget! versetzte der KËnig: es hilft kein Schwâ°tzen und Schmeicheln, Euer Frevel ist laut, und Euch erwartet die Strafe. Habt Ihr den Frieden gehalten, den ich den Tieren geboten? Den ich geschworen? Da steht der Hahn! Ihr habt ihm die Kinder, Falscher, leidiger Dieb! eins nach dem andern entrissen. Und wie lieb Ihr mich habt, das wollt Ihr, glaub ich, beweisen, Wenn Ihr mein Ansehn schmâ°ht und meine Diener beschâ°digt. Seine Gesundheit verlor der arme Hinze! Wie langsam Wird der verwundete Braun von seinen Schmerzen genesen! Aber ich schelt Euch nicht weiter. Denn hier sind Klâ°ger die Menge, Viele bewiesene Taten. Ihr mËchtet schwerlich entkommen.
Bin ich, gnâ°diger Herr, deswegen strafbar? versetzte Reineke: kann ich davor, wenn Braun mit blutiger Platte Wieder zur¸ckkehrt? Wagt’ er sich doch und wollte vermessen R¸steviels Honig verzehren; und kamen die tËlpischen Bauern Ihm zu Leibe, so ist er ja stark und mâ°chtig an Gliedern; Schlugen und schimpften sie ihn, eh er ins Wasser gekommen, Hâ°tt er als r¸stiger Mann die Schande billig gerochen. Und wenn Hinze, der Kater, den ich mit Ehren empfangen, Nach VermËgen bewirtet, sich nicht vom Stehlen enthalten, In die Wohnung des Pfaffen, so sehr ich ihn treulich verwarnte, Sich bei Nacht geschlichen und dort was ¸bels erfahren: Hab ich Strafe verdient, weil jene tËricht gehandelt? Eurer f¸rstlichen Krone geschâ°he das wahrlich zu nahe! Doch Ihr mËget mit mir nach Eurem Willen verfahren, Und, so klar auch die Sache sich zeigt, beliebig verf¸gen: Mag es zum Nutzen, mag es zum Schaden auch immer gereichen. Soll ich gesotten, gebraten, geblendet oder gehangen Werden oder gekËpft, so mag es eben geschehen! Alle sind wir in Eurer Gewalt, Ihr habt uns in Hâ°nden. Mâ°chtig seid Ihr und stark, was widerstâ°nde der Schwache? Wollt Ihr mich tËten, das w¸rde f¸rwahr ein geringer Gewinn sein. Doch es komme, was will; ich stehe redlich zu Rechte.
Da begann der Widder Bellyn: Die Zeit ist gekommen, Laï¬t uns klagen! Und Isegrim kam mit seinen Verwandten, Hinze, der Kater, und Braun, der Bâ°r, und Tiere zu Scharen. Auch der Esel Boldewyn kam und Lampe, der Hase, Wackerlos kam, das H¸ndchen, und Ryn, die Dogge, die Ziege Metke, Hermen, der Bock, dazu das Eichhorn, die Wiesel Und das Hermelin. Auch waren der Ochs und das Pferd nicht Auï¬en geblieben; daneben ersah man die Tiere der Wildnis, Als den Hirsch und das Reh und Bokert, den Biber, den Marder, Das Kaninchen, den Eber, und alle drâ°ngten einander. Bartolt, der Storch, und Markart, der Hâ°her, und L¸tke, der Kranich, Flogen her¸ber; es meldeten sich auch Tybbke, die Ente, Alheid, die Gans, und andere mehr mit ihren Beschwerden. Henning, der traurige Hahn, mit seinen wenigen Kindern Klagte heftig; es kamen herbei unzâ°hlige VËgel Und der Tiere so viel, wer w¸ï¬te die Menge zu nennen! Alle gingen dem Fuchs zu Leibe, sie hofften, die Frevel Nun zur Sprache zu bringen und seine Strafe zu sehen. Vor den KËnig drâ°ngten sie sich mit heftigen Reden, Hâ°uften Klagen auf Klagen, und alt und neue Geschichten Brachten sie vor. Man hatte noch nie an Einem Gerichtstag Vor des KËniges Thron so viele Beschwerden gehËret. Reineke stand und wuï¬te darauf gar k¸nstlich zu dienen: Denn ergriff er das Wort, so floï¬ die zierliche Rede Seiner Entschuldigung her, als wâ°re es lautere Wahrheit; Alles wuï¬t er beiseite zu lehnen und alles zu stellen. HËrte man ihn, man wunderte sich und glaubt’ ihn entschuldigt, Ja, er hatte noch ¸briges Recht und vieles zu klagen. Aber es standen zuletzt wahrhaftige redliche Mâ°nner Gegen Reineken auf, die wider ihn zeugten, und alle Seine Frevel fanden sich klar. Nun war es geschehen! Denn im Rate des KËnigs mit Einer Stimme beschloï¬ man: Reineke Fuchs sei schuldig des Todes! So soll man ihn fahen, Soll ihn binden und hâ°ngen an seinem Halse, damit er Seine schweren Verbrechen mit schmâ°hlichem Tode verb¸ï¬e.
Jetzt gab Reineke selbst das Spiel verloren; es hatten Seine klugen Worte nur wenig geholfen. Der KËnig Sprach das Urteil selber. Da schwebte dem losen Verbrecher, Als sie ihn fingen und banden, sein klâ°gliches Ende vor Augen.
Wie nun nach Urteil und Recht gebunden Reineke dastand, Seine Feinde sich regten, zum Tod ihn eilend zu f¸hren, Standen die Freunde betroffen und waren schmerzlich bek¸mmert, Martin, der Affe, mit Grimbart und vielen aus Reinekens Sippschaft. Ungern hËrten sie an das Urteil und trauerten alle Mehr, als man dâ°chte. Denn Reineke war der ersten Baronen Einer und stand nun entsetzt von allen Ehren und W¸rden Und zum schmâ°hlichen Tode verdammt. Wie muï¬te der Anblick Seine Verwandten empËren! Sie nahmen alle zusammen Urlaub vom KËnige, râ°umten den Hof, so viele sie waren.
Aber dem KËnige ward es verdrieï¬lich, daï¬ ihn so viele Ritter verlieï¬en. Es zeigte sich nun die Menge Verwandten, Die sich, mit Reinekens Tod sehr unzufrieden, entfernten. Und der KËnig sprach zu einem seiner Vertrauten: Freilich ist Reineke boshaft, allein man sollte bedenken, Viele seiner Verwandten sind nicht zu entbehren am Hofe.
Aber Isegrim, Braun und Hinze, der Kater, sie waren Um den Gebundnen geschâ°ftig, sie wollten die schâ°ndliche Strafe, Wie es der KËnig gebot, an ihrem Feinde vollziehen, F¸hrten ihn hastig hinaus und sahen den Galgen von ferne. Da begann der Kater erbost zum Wolfe zu sprechen: Nun bedenket, Herr Isegrim, wohl, wie Reineke damals Alles tat und betrieb, wie seinem Hasse gelungen, Euren Bruder am Galgen zu sehn. Wie zog er so frËhlich Mit ihm hinaus! Versâ°umet ihm nicht die Schuld zu bezahlen. Und gedenket, Herr Braun, er hat Euch schâ°ndlich verraten, Euch in R¸steviels Hofe dem groben, zornigen Volke, Mâ°nnern und Weibern, treulos geliefert und Schlâ°gen und Wunden Und der Schande dazu, die allerorten bekannt ist. Habet acht und haltet zusammen! Entkâ°m er uns heute, KËnnte sein Witz ihn befrein und seine listigen Râ°nke, Niemals w¸rd uns die Stunde der s¸ï¬en Rache beschert sein. Laï¬t uns eilen und râ°chen, was er an allen verschuldet.
Isegrim sprach: Was helfen die Worte? Geschwinde verschafft mir Einen t¸chtigen Strick; wir wollen die Qual ihm verk¸rzen. Also sprachen sie wider den Fuchs und zogen die Straï¬e.
Aber Reineke hËrte sie schweigend; doch endlich begann er: Da ihr so grausam mich haï¬t und tËdliche Rache begehret, Wisset Ihr doch keine Ende zu finden! Wie muï¬ ich mich wundern! Hinze w¸ï¬te wohl Rat zu einem t¸chtigen Stricke: Denn er hat ihn gepr¸ft, als in des Pfaffen Behausung Er sich nach Mâ°usen hinablieï¬ und nicht mit Ehren davonkam. Aber Isegrim, Ihr, und Braun, ihr eilt ja gewaltig, Euren Oheim zum Tode zu bringen; ihr meint, es gelâ°nge.
Und der KËnig erhob sich mit allen Herren des Hofes, Um das Urteil vollstrecken zu sehn; es schloï¬ an den Zug sich Auch die KËnigin an, von ihren Frauen begleitet; Hinter ihnen strËmte die Menge der Armen und Reichen, Alle w¸nschten Reinekens Tod und wollten ihn sehen. Isegrim sprach indes mit seinen Verwandten und Freunden Und ermahnete sie, ja, fest aneinander geschlossen, Auf den gebundenen Fuchs ein wachsam Auge zu haben; Denn sie f¸rchteten immer, es mËchte der Kluge sich retten. Seinem Weibe befahl der Wolf besonders: Bei deinem Leben! siehe mir zu und hilf den BËsewicht halten. Kâ°m er los, wir w¸rden es alle gar schmâ°hlich empfinden. Und zu Braunen sagt’ er: Gedenket, wie er Euch hËhnte; Alles kËnnt Ihr ihm nun mit reichlichen Zinsen bezahlen. Hinze klettert und soll uns den Strick da oben befesten; Haltet ihn und stehet mir bei, ich r¸cke die Leiter, Wenig Minuten, so solls um diesen Schelmen getan sein! Braun versetzte: Stellt nur die Leiter, ich will ihn schon halten.
Seht doch! sagte Reineke drauf: wie seid ihr geschâ°ftig, Euren Oheim zum Tode zu bringen! Ihr solltet ihn eher Sch¸tzen und schirmen und, wâ°r er in Not, euch seiner erbarmen. Gerne bâ°t ich um Gnade, allein was kËnnt es mir helfen? Isegrim haï¬t mich zu sehr, ja seinem Weibe gebeut er, Mich zu halten und mir den Weg zur Flucht zu vertreten. Dâ°chte sie voriger Zeiten, sie kËnnte mir wahrlich nicht schaden. Aber soll es nun ¸ber mich gehn, so wollt ich, es wâ°re Bald getan. So kam auch mein Vater in schreckliche NËten, Doch am Ende ging es geschwind. Es begleiteten freilich Nicht so viele den sterbenden Mann. Doch wolltet ihr lâ°nger Mich verschonen, es m¸ï¬t euch gewiï¬ zur Schande gereichen. HËrt ihr, sagte der Bâ°r: wie trotzig der BËsewicht redet? Immer, immer hinauf! es ist sein Ende gekommen.
Ængstlich dachte Reineke nun: O mËcht ich in diesen Groï¬en NËten geschwind was gl¸cklich Neues ersinnen, Daï¬ der KËnig mir gnâ°dig das Leben schenkte und diese Grimmigen Feinde, die drei, in Schaden und Schande gerieten! Laï¬t uns alles bedenken, und helfe, was helfen kann! denn hier Gilt es den Hals, die Not ist dringend, wie soll ich entkommen? Alles ¸bel hâ°uft sich auf mich. Es z¸rnet der KËnig, Meine Freunde sind fort und meine Feinde gewaltig; Selten hab ich was Gutes getan, die Stâ°rke des KËnigs, Seiner Râ°te Verstand wahrhaftig wenig geachtet; Vieles hab ich verschuldet und hoffte dennoch, mein Ungl¸ck Wieder zu wenden. Gelâ°nge mirs nur, zum Worte zu kommen, Wahrlich, sie hingen mich nicht; ich lasse die Hoffnung nicht fahren.
Und er wandte darauf sich von der Leiter zum Volke, Rief: Ich sehe den Tod vor meinen Augen und werd ihm Nicht entgehen. Nur bitt ich euch alle, so viele mich hËren, Um ein weniges nur, bevor ich die Erde verlasse. Gerne mËcht ich vor euch in aller Wahrheit die Beichte Noch zum letztenmal Ëffentlich sprechen und redlich bekennen Alles ¸bel, das ich getan, damit nicht ein andrer Etwa dieses oder jenes von mir im stillen begangnen, Unbekannten Verbrechens dereinst bezichtiget werde; So verh¸t ich zuletzt noch manches ¸bel, und hoffen Kann ich, es werde mirs Gott in allen Gnaden gedenken.
Viele jammerte das. Sie sprachen untereinander: Klein ist die Bitte, gering nur die Frist! Sie baten den KËnig, Und der KËnig vergËnnt’ es. Da wurd es Reineken wieder Etwas leichter ums Herz, er hoffte gl¸cklichen Ausgang; Gleich benutzt’ er den Raum, der ihm gegËnnt war, und sagte:
Spiritus Domini helfe mir nun! Ich sehe nicht Einen Unter der groï¬en Versammlung, den ich nicht irgend beschâ°digt. Erst, ich war noch ein kleiner Kompan und hatte die Br¸ste Kaum zu saugen verlernt, da folgt ich meinen Begierden Unter die jungen Lâ°mmer und Ziegen, die neben der Herde Sich im Freien zerstreuten; ich hËrte die blËkenden Stimmen Gar zu gerne, da l¸stete mich nach leckerer Speise. Lernte hurtig sie kennen. Ein Lâ°mmchen biï¬ ich zu Tode, Leckte das Blut, es schmeckte mir kËstlich! und tËtete weiter Vier der j¸ngsten Ziegen und aï¬ sie, und ¸bte mich ferner; Sparte keine VËgel, noch H¸hner, noch Enten, noch Gâ°nse, Wo ich sie fand, und habe gar manches im Sande vergraben, Was ich geschlachtet und was mir nicht alles zu essen beliebte.
Dann begegnet’ es mir: in einem Winter am Rheine Lernt ich Isegrim kennen, er lauerte hinter den Bâ°umen. Gleich versichert’ er mir, ich sei aus seinem Geschlechte, Ja, er wuï¬te mir gar die Grade der Sippschaft am Finger Vorzurechnen. Ich lieï¬ mirs gefallen; wir schlossen ein B¸ndnis Und gelobten einander, als treue Gesellen zu wandern, Leider sollt ich dadurch mir manches ¸bel bereiten. Wir durchstrichen zusammen das Land. Da stahl er das Groï¬e, Stahl ich das Kleine. Was wir gewonnen, das sollte gemein sein; Aber es war nicht gemein, wie billig: er teilte nach Willk¸r; Niemals empfing ich die Hâ°lfte. Ja, Schlimmeres hab ich erfahren. Wenn er ein Kalb sich geraubt, sich einen Widder erbeutet, Wenn ich im ¸berfluï¬ sitzen ihn fand, er eben die Ziege, Frisch geschlachtet, verzehrte, ein Bock ihm unter den Klauen Lag und zappelte, grinst’ er mich an und stellte sich grâ°mlich, Trieb mich knurrend hinweg: so war mein Teil ihm geblieben. Immer ging es mir so, es mochte der Braten so groï¬ sein, Als er wollte. Ja, wenn es geschah, daï¬ wir in Gesellschaft Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns gewonnen, Gleich erschienen sein Weib und sieben Kinder und warfen â¹ber die Beute sich her und drâ°ngten mich hinter die Mahlzeit. Keine Rippe konnt ich erlangen, sie wâ°re denn gâ°nzlich Glatt und trocken genagt; das sollte mir alles gefallen! Aber, Gott sei gedankt, ich litt deswegen nicht Hunger; Heimlich nâ°hrt ich mich wohl von meinem herrlichen Schatze, Von dem Silber und Golde, das ich an sicherer Stâ°tte Heimlich verwahre; des hab ich genug. Es schafft mir wahrhaftig Ihn kein Wagen hinweg, und wenn er siebenmal f¸hre.
Und es horchte der KËnig, da von dem Schatze gesagt ward, Neigte sich vor und sprach: Von wannen ist er Euch kommen? Saget an! ich meine den Schatz. Und Reineke sagte: Dieses Geheimnis verhehl ich Euch nicht, was kËnnt es mir helfen? Denn ich nehme nichts mit von diesen kËstlichen Dingen. Aber wie Ihr befehlt, will ich Euch alles erzâ°hlen, Denn es muï¬ nun einmal heraus; um Liebes und Leides MËcht ich wahrhaftig das groï¬e Geheimnis nicht lâ°nger verhehlen: Denn der Schatz war gestohlen. Es hatten sich viele verschworen, Euch, Herr KËnig, zu morden, und wurde zur selbigen Stunde Nicht der Schatz mit Klugheit entwendet, so war es geschehen. Merket es, gnâ°diger Herr! denn Euer Leben und Wohlfahrt Hing an dem Schatz. Und daï¬ man ihn stahl, das brachte denn leider Meinen eigenen Vater in groï¬e NËten, es bracht ihn Fr¸he zur traurigen Fahrt, vielleicht zu ewigem Schaden; Aber, gnâ°diger Herr, zu Eurem Nutzen geschah es!
Und die KËnigin hËrte best¸rzt die grâ°ï¬liche Rede, Das verworrne Geheimnis von ihres Gemahles Ermordung, Von dem Verrat, vom Schatz, und was er alles gesprochen. Ich vermahn Euch, Reineke, rief sie: bedenket! Die lange Heimfahrt steht Euch bevor, entladet reuig die Seele; Saget die lautere Wahrheit und redet mir deutlich vom Morde. Und der KËnig setzte hinzu: ein jeglicher schweige! Reineke komme nun wieder herab und trete mir nâ°her; Denn es betrifft die Sache mich selbst, damit ich sie hËre.
Reineke, der es vernahm, stand wieder getrËstet, die Leiter Stieg er zum groï¬en Verdruï¬ der Feindlichgesinnten herunter; Und er nahte sich gleich dem KËnig und seiner Gemahlin, Die ihn eifrig befragten, wie diese Geschichte begegnet.
Da bereitet’ er sich zu neuen gewaltigen L¸gen. KËnnt ich des KËniges Huld und seiner Gemahlin, so dacht er, Wiedergewinnen, und kËnnte zugleich die List mir gelingen, Daï¬ ich die Feinde, die mich dem Tod entgegengef¸hret, Selbst verd¸rbe, das rettete mich aus allen Gefahren. Sicher wâ°re mir das ein unerwarteter Vorteil; Aber ich sehe schon, L¸gen bedarf es und ¸ber die Maï¬en.
Ungeduldig befragte die KËnigin Reineken weiter: Lasset uns deutlich vernehmen, wie diese Sache beschaffen! Saget die Wahrheit, bedenkt das Gewissen, entladet die Seele!
Reineke sagte darauf. Ich will Euch gerne berichten. Sterben muï¬ ich nun wohl; es ist kein Mittel dagegen. Sollt ich meine Seele beladen am Ende des Lebens, Ewige Strafe verwirken, es wâ°re tËricht gehandelt. Besser ist es, daï¬ ich bekenne; und muï¬ ich dann leider Meine lieben Verwandten und meine Freunde verklagen, Ach, was kann ich daf¸r! es drohen die Qualen der HËlle.
Und es war dem KËnige schon bei diesen Gesprâ°chen Schwer geworden ums Herz. Er sagte: Sprichst du die Wahrheit? Da versetzte Reineke drauf mit verstellter Gebâ°rde: Freilich bin ich ein s¸ndiger Mensch; doch red ich die Wahrheit. KËnnt es mir nutzen, wenn ich Euch lËge! Da w¸rd ich mich selber Ewig verdammen. Ihr wiï¬t ja nun wohl, so ist es beschlossen: Sterben muï¬ ich, ich sehe den Tod und werde nicht l¸gen; Denn es kann mir nicht BËses noch Gutes zur Hilfe gedeihen. Bebend sagte Reineke das und schien zu verzagen.
Und die KËnigin sprach: Mich jammert seine Beklemmung; Sehet ihn gnadenreich an, ich bitt Euch, mein Herr! und erwâ°get: Manches Unheil wenden wir ab nach seinem Bekenntnis. Laï¬t uns je eher je lieber den Grund der Geschichte vernehmen. Heiï¬et jeglichen schweigen und laï¬t ihn Ëffentlich sprechen.
Und der KËnig gebot, da schwieg die ganze Versammlung. Aber Reineke sprach: Beliebt es Euch, gnâ°diger KËnig, So vernehmet, was ich Euch sage. Geschieht auch mein Vortrag Ohne Brief und Papier, so soll er doch treu und genau sein; Ihr erfahrt die VerschwËrung, und niemands denk ich zu schonen.
F¸nfter Gesang
Nun vernehmet die List, und wie der Fuchs sich gewendet, Seine Frevel wieder zu decken und andern zu schaden. Bodenlose L¸gen ersann er, beschimpfte den Vater Jenseit der Grube, beschwerte den Dachs mit groï¬er Verleumdung, Seinen redlichsten Freund, der ihm bestâ°ndig gedienet. So erlaubt’ er sich alles, damit er seiner Erzâ°hlung Glauben schaffte, damit er an seinen Verklâ°gern sich râ°chte.
Mein Herr Vater, sagt’ er darauf, war so gl¸cklich gewesen, KËnig Emmrichs, des Mâ°chtigen, Schatz auf verborgenen Wegen Einst zu entdecken; doch bracht ihm der Fund gar wenigen Nutzen. Denn er ¸berhub sich des groï¬en VermËgens und schâ°tzte Seinesgleichen von nun an nicht mehr, und seine Gesellen Achtet’ er viel zu gering: er suchte sich hËhere Freunde. Hinze, den Kater, sendet’ er ab in die wilden Ardennen, Braun, den Bâ°ren, zu suchen, dem sollt er Treue versprechen, Sollt ihn laden, nach Flandern zu kommen und KËnig zu werden.
Als nun Braun das Schreiben gelesen, erfreut’ es ihn herzlich; Unverdrossen und k¸hn begab er sich eilig nach Flandern, Denn er hatte schon lange so was in Gedanken getragen. Meinen Vater fand er daselbst, der sah ihn mit Freuden, Sendete gleich nach Isegrim aus und nach Grimbart, dem Weisen, Und die vier verhandelten dann die Sache zusammen; Doch der f¸nfte dabei war Hinze, der Kater. Ein DËrfchen Liegt allda, wird Ifte genannt, und grade da war es, Zwischen Ifte und Gent, wo sie zusammen gehandelt. Eine lange, d¸stere Nacht verbarg die Versammlung; Nicht mit Gott! es hatte der Teufel, es hatte mein Vater Sie in seiner Gewalt mit seinem leidigen Golde. Sie beschlossen des KËniges Tod, beschworen zusammen Festen, ewigen Bund, und also schwuren die f¸nfe Sâ°mtlich auf Isegrims Haupt: sie wollten Braunen, den Bâ°ren, Sich zum KËnige wâ°hlen und auf dem Stuhle zu Aachen Mit der goldenen Krone das Reich ihm festlich versichern. Wollte nun auch von des KËniges Freunden und seinen Verwandten Jemand dagegen sich setzen, den sollte mein Vater bereden Oder bestechen, und ginge das nicht, sogleich ihn verjagen. Das bekam ich zu wissen: denn Grimbart hatte sich einmal Morgens lustig getrunken und war gesprâ°chig geworden; Seinem Weibe verschwâ°tzte der Tor die Heimlichkeit alle, Legte Schweigen ihr auf; da, glaubt’ er, wâ°re geholfen. Sie begegnete drauf bald meinem Weibe, die muï¬t ihr Der drei KËnige Namen zum feierlichen Gel¸bde Nennen, Ehr und Treue verpfâ°nden, um Liebes und Leides Niemand ein WËrtchen zu sagen, und so entdeckt’ sie ihr alles. Ebensowenig hat auch mein Weib das Versprechen gehalten: Denn sobald sie mich fand, erzâ°hlte sie, was sie vernommen, Gab mir ein Merkmal dazu, woran ich die Wahrheit der Rede Leicht erkennte; doch war mir dadurch nur schlimmer geschehen. Ich erinnerte mich der FrËsche, deren Gequake Bis zu den Ohren des Herrn im Himmel endlich gelangte. Einen KËnig wollten sie haben und wollten im Zwange Leben, nachdem sie der Freiheit in allen Landen genossen. Da erhËrte sie Gott und sandte den Storch, der bestâ°ndig Sie verfolget und haï¬t und keinen Frieden gewâ°hret. Ohne Gnade behandelt er sie; nun klagen die Toren, Aber leider zu spâ°t: denn nun bezwingt sie der KËnig.
Reineke redete laut zur ganzen Versammlung, es hËrten Alle Tiere sein Wort, und so verfolgt’ er die Rede: Seht, f¸r alle f¸rchtet ich das. So wâ°r es geworden. Herr, ich sorgte f¸r Euch und hoffte beï¬re Belohnung. Braunens Râ°nke sind mir bekannt, sein t¸ckisches Wesen, Manche Missetat auch von ihm; ich besorgte das Schlimmste. W¸rd er Herr, so wâ°ren wir alle zusammen verdorben. Unser KËnig ist edel geboren und mâ°chtig und gnâ°dig, Dacht ich im stillen bei mir: es wâ°r ein trauriger Wechsel, Einen Bâ°ren und tËlpischen Taugenicht so zu erhËhen. Etliche Wochen sann ich dar¸ber und sucht es zu hindern. Auch vor allem begriff ich es wohl: behielte mein Vater Seinen Schatz in der Hand, so brâ°cht er viele zusammen, Sicher gewâ°nn er das Spiel, und wir verlËren den KËnig. Meine Sorge ging nun dahin, den Ort zu entdecken, Wo der Schatz sich befâ°nde, damit ich ihn heimlich entf¸hrte. Zog mein Vater ins Feld, der alte, listige, lief er Nach dem Walde bei Tag oder Nacht, in Frost oder Hitze, Nâ°ss’ oder Trockne, so war ich dahinter und sp¸rte den Gang aus.
Einmal lag ich versteckt in der Erde mit Sorgen und Sinnen, Wie ich entdeckte den Schatz, von dem mir so vieles bekannt war. Da erblickt ich den Vater aus einer Ritze sich schleichen, Zwischen den Steinen kam er hervor und stieg aus der Tiefe. Still und verborgen hielt ich mich da; er glaubte sich einsam, Schaute sich ¸berall um, und als er niemand bemerkte Nah oder fern, begann er sein Spiel, Ihr sollt es vernehmen. Wieder mit Sande verstopft’ er das Loch und wuï¬te geschicklich Mit dem ¸brigen Boden es gleichzumachen. Das konnte, Wer nicht zusah, unmËglich erkennen. Und eh er von dannen Wanderte, wuï¬t er den Platz, wo seine F¸ï¬e gestanden, â¹ber und ¸ber geschickt mit seinem Schwanze zu streichen Und verw¸hlte die Spur mit seinem Munde. Das lernt ich Jenes Tages zuerst von meinem listigen Vater, Der in Râ°nken und Schwâ°nken und allen Streichen gewandt war. Und so eilt’ er hinweg nach seinem Gewerbe. Da sann ich, Ob sich der herrliche Schatz wohl in der Nâ°he befâ°nde? Eilig trat ich herbei und schritt zum Werke: die Ritze Hatt ich in weniger Zeit mit meinen Pfoten erËffnet, Kroch begierig hinein. Da fand ich kËstliche Sachen, Feinen Silbers genug und roten Goldes! Wahrhaftig, Auch der â°lteste hier hat nie so vieles gesehen. Und ich machte mich dran mit meinem Weibe: wir trugen, Schleppten bei Tag und bei Nacht; uns fehlten Karren und Wagen; Viele M¸he kostet’ es uns und manche Beschwernis. Treulich hielt Frau Ermelyn aus; so hatten wir endlich Die Kleinode hinweg zu einer Stâ°tte getragen, Die uns gelegener schien. Indessen hielt sich mein Vater Tâ°glich mit jenen zusammen, die unsern KËnig verrieten. Was sie beschlossen, das werdet Ihr hËren und werdet erschrecken.
Braun und Isegrim sandten sofort in manche Provinzen Offene Briefe, die SËldner zu locken: sie sollten zu Haufen Eilig kommen, es wolle sie Braun mit Diensten versehen, Milde woll er sogar voraus die SËldner bezahlen. Da durchstrich mein Vater die Lâ°nder und zeigte die Briefe, Seines Schatzes gewiï¬: der, glaubt’ er, lâ°ge geborgen. Aber es war nun geschehn, er hâ°tte mit allen Gesellen, Sucht’ er auch noch so genau, nicht einen Pfennig gefunden.
Keine Bem¸hung lieï¬ er sich reun; so war er behende Zwischen der Elb und dem Rheine durch alle Lâ°nder gelaufen, Manchen SËldner hatt er gefunden und manchen gewonnen, Krâ°ftigen Nachdruck sollte das Geld den Worten verleihen.
Endlich kam der Sommer ins Land; zu seinen Gesellen Kehrte mein Vater zur¸ck. Da hatt er von Sorgen und NËten Und von Angst zu erzâ°hlen, besonders, wie er beinahe Vor den hohen Burgen in Sachsen sein Leben verloren, Wo ihn Jâ°ger mit Pferden und Hunden alltâ°glich verfolgten, Daï¬ er knapp und mit Not mit heilem Pelze davonkam.
Freudig zeigt’ er darauf den vier Verrâ°tern die Liste, Welche Gesellen er alle mit Gold und Versprechen gewonnen. Braunen erfreute die Botschaft; es lasen die f¸nfe zusammen, Und es hieï¬: ZwËlfhundert von Isegrims k¸hnen Verwandten Werden kommen mit offenen Mâ°ulern und spitzigen Zâ°hnen, Ferner: die Kater und Bâ°ren sind alle f¸r Braunen gewonnen, Jeder Vielfraï¬ und Dachs aus Sachsen und Th¸ringen stellt sich. Doch man solle sich ihnen zu der Bedingung verbinden: Einen Monat des Soldes vorauszuzahlen; sie wollten Alle dagegen mit Macht beim ersten Gebote sich stellen. Gott sei ewig gedankt, daï¬ ich die Plane gehindert!
Denn nachdem er nun alles besorgt, so eilte mein Vater â¹ber Feld und wollte den Schatz auch wieder beschauen. Da ging erst die Bek¸mmernis an: da grub er und suchte; Doch je lâ°nger er scharrte, je weniger fand er. Vergebens War die M¸he, die er sich gab, und seine Verzweiflung: Denn der Schatz war fort, er konnt ihn nirgend entdecken. Und vor â°rger und Scham–wie schrecklich quâ°lt die Erinnrung Mich bei Tag und bei Nacht!–erhâ°ngte mein Vater sich selber.
Alles das hab ich getan, die bËse Tat zu verhindern. â¹bel gerâ°t es mir nun; jedoch es soll mich nicht reuen. Isegrim aber und Braun, die gefrâ°ï¬igen, sitzen am nâ°chsten Bei dem KËnig zu Rat. Und Reineke! wie dir dagegen, Armer Mann, jetzt gedankt wird! daï¬ du den leiblichen Vater Hingegeben, den KËnig zu retten. Wo sind sie zu finden Die sich selber verderben, nur Euch das Leben zu fristen?
KËnig und KËnigin hatten indes, den Schatz zu gewinnen, Groï¬e Begierde gef¸hlt; sie traten seitwâ°rts und riefen Reineken, ihn besonders zu sprechen, und fragten behende: Saget an, wo habt Ihr den Schatz? Wir mËchten es wissen. Reineke lieï¬ sich dagegen vernehmen: Was kËnnt es mir helfen, Zeigt ich die herrlichen G¸ter dem KËnige, der mich verurteilt? Glaubet er meinen Feinden doch mehr, den Dieben und MËrdern, Die Euch mit L¸gen beschweren, mein Leben mir abzugewinnen.
Nein, versetzte die KËnigin: nein! so soll es nicht werden! Leben lâ°ï¬t Euch mein Herr, und das Vergangne vergiï¬t er. Er bezwingt sich und z¸rnet nicht mehr. Doch mËget Ihr k¸nftig Kl¸ger handeln und treu und gewâ°rtig dem KËnige bleiben.
Reineke sagte: Gnâ°dige Frau, vermËget den KËnig, Mir zu geloben vor Euch, daï¬ er mich wieder begnadigt, Daï¬ er mir alle Verbrechen und Schulden und alle den Unmut, Den ich ihm leider erregt, auf keine Weise gedenket, So besitzet gewiï¬ in unsern Zeiten kein KËnig Solchen Reichtum, als er durch meine Treue gewinnet; Groï¬ ist der Schatz! ich zeige den Ort, Ihr werdet erstaunen.
Glaubet ihm nicht! versetzte der KËnig: doch wenn er von Stehlen, L¸gen und Rauben erzâ°hlet, das mËget Ihr allenfalls glauben; Denn ein grËï¬erer L¸gner ist wahrlich niemals gewesen.
Und die KËnigin sprach: F¸rwahr, sein bisheriges Leben Hat ihm wenig Vertrauen erworben; doch jetzo bedenket, Seinen Oheim, den Dachs, und seinen eigenen Vater Hat er diesmal bezichtigt und ihre Frevel verk¸ndigt. Wollt er, so konnt er sie schonen und konnte von anderen Tieren Solche Geschichten erzâ°hlen; er wird so tËrig nicht l¸gen.
Meinet Ihr so? versetzte der KËnig: und denkt Ihr, es wâ°re Wirklich zum besten geraten, daï¬ nicht ein grËï¬eres ¸bel Draus entstâ°nde, so will ich es tun und diese Verbrechen Reinekens ¸ber mich nehmen und seine verwundete Sache. Einmal trau ich, zum letztenmal noch! das mag er bedenken: Denn ich schwËr es ihm zu bei meiner Krone! wofern er K¸nftig frevelt und l¸gt, es soll ihn ewig gereuen; Alles, wâ°r es ihm nur verwandt ihm zehenten Grade, Wer sie auch wâ°ren, sie sollens entgelten, und keiner entgeht mir, Sollen in Ungl¸ck und Schmach und schwere Prozesse geraten!
Als nun Reineke sah, wie schnell sich des KËnigs Gedanken Wendeten, faï¬t’ er ein Herz und sagte: Sollt ich so tËricht Handeln, gnâ°diger Herr, und Euch Geschichten erzâ°hlen, Deren Wahrheit sich nicht in wenig Tagen bewiese?
Und der KËnig glaubte den Worten, und alles vergab er, Erst des Vaters Verrat, dann Reinekens eigne Verbrechen. â¹ber die Maï¬en freute sich der; zur gl¸cklichen Stunde, War er der Feinde Gewalt und seinem Verhâ°ngnis entronnen.
Edler KËnig, gnâ°diger Herr! begann er zu sprechen: MËge Gott Euch alles vergelten und Eurer Gemahlin, Was Ihr an mir Unw¸rdigem tut; ich will es gedenken, Und ich werde mich immer gar hËchlich dankbar erzeigen. Denn es lebet gewiï¬ in allen Landen und Reichen Niemand unter der Sonne, dem ich die herrlichen Schâ°tze Lieber gËnnte, denn eben Euch beiden. Was habt Ihr nicht alles Mir f¸r Gnade bewiesen! Dagegen geb ich Euch willig KËnig Emmerichs Schatz, so wie ihn dieser besessen. Wo er liegt, beschreib ich Euch nun, ich sage die Wahrheit.
HËret! Im Osten von Flandern ist eine W¸ste, darinnen Liegt ein einzelner Busch, heiï¬t H¸sterlo, merket den Namen! Dann ist ein Brunn, der Krekelborn heiï¬t, Ihr werdet verstehen, Beide nicht weit auseinander. Es kommt in selbige Gegend Weder Weib noch Mann im ganzen Jahre. Da wohnet Nur die Eul und der Schuhu, und dort begrub ich die Schâ°tze. Krekelborn heiï¬t die Stâ°tte, das merket und n¸tzet das Zeichen. Gehet selber dahin mit Eurer Gemahlin: es wâ°re Niemand sicher genug, um ihn als Boten zu senden, Und der Schande wâ°re zu groï¬; ich darf es nicht raten. Selber m¸ï¬t Ihr dahin. Bei Krekelborn geht Ihr vor¸ber, Seht zwei junge Birken hernach, und merket! die eine Steht nicht weit von dem Brunnen; so geht nun, gnâ°diger KËnig, Grad auf die Birken los, denn drunter liegen die Schâ°tze. Kratzt und scharret nur zu; erst findet Ihr Moos an den Wurzeln, Dann entdeckt Ihr sogleich die allerreichsten Geschmeide, Golden, k¸nstlich und schËn, auch findet Ihr Emmerichs Krone: Wâ°re des Bâ°ren Wille geschehn, der sollte sie tragen. Manchen Zierat seht Ihr daran und Edelgesteine Goldnes Kunstwerk; man macht es nicht mehr, wer wollt es bezahlen? Sehet Ihr alle das Gut, o gnâ°diger KËnig, beisammen, Ja, ich bin es gewiï¬, Ihr denket meiner in Ehren. Reineke, redlicher Fuchs! so denkt Ihr: der du so kl¸glich Unter das Moos die Schâ°tze gegraben, o mËg es dir immer, Wo du auch sein magst, gl¸cklich ergehen! So sagte der Heuchler.
Und der KËnig versetzte darauf: Ihr m¸ï¬t mich begleiten, Denn wie will ich allein die Stelle treffen? Ich habe Wohl von Aachen gehËrt, wie auch von L¸beck und KËllen Und von Paris; doch H¸sterlo hËrt ich im Leben nicht einmal Nennen, ebensowenig als Krekelborn; sollt ich nicht f¸rchten, Daï¬ du uns wieder bel¸gst und solche Namen erdichtest?
Reineke hËrte nicht gern des KËnigs bedâ°chtige Rede, Sprach: So weis ich Euch doch nicht fern von hinnen, als hâ°ttet Ihr am Jordan zu suchen. Wie schien ich Euch jetzo verdâ°chtig? Nâ°chst, ich bleibe dabei, ist alles in Flandern zu finden. Laï¬t uns einige fragen; es mag es ein andrer versichern. Krekelborn! H¸sterlo! sagt ich, und also heiï¬en die Namen. Lampen rief er darauf, und Lampe zauderte bebend. Reineke rief. So kommt nur getrost, der KËnig begehrt Euch, Will, Ihr sollt bei Eid und bei Pflicht, die Ihr neulich geleistet, Wahrhaft reden; so zeiget denn an, wofern Ihr es wisset, Sagt, wo H¸sterlo liegt und Krekelborn? Lasset uns hËren.
Lampe sprach: Das kann ich wohl sagen. Es liegt in der W¸ste Krekelborn nahe bei H¸sterlo. H¸sterlo nennen die Leute Jenen Busch, wo Simonet lange, der Krumme, sich aufhielt, Falsche M¸nzen zu schlagen mit seinen verwegnen Gesellen. Vieles hab ich daselbst von Frost und Hunger gelitten, Wenn ich vor Rynen, dem Hund, in groï¬en NËten gefl¸chtet. Reineke sagte darauf: Ihr kËnnt Euch unter die andern Wieder stellen; Ihr habet den KËnig genugsam berichtet. Und der KËnig sagte zu Reineken: Seid mir zufrieden, Daï¬ ich hastig gewesen und Eure Worte bezweifelt; Aber sehet nun zu, mich an die Stelle zu bringen.
Reineke sprach: Wie schâ°tzt ich mich gl¸cklich, geziemt’ es mir heute Mit dem KËnig zu gehn und ihm nach Flandern zu folgen; Aber es m¸ï¬t Euch zur S¸nde gereichen. So sehr ich mich schâ°me, Muï¬ es heraus, wie gern ich es auch noch lâ°nger verschwiege. Isegrim lieï¬ vor einiger Zeit zum MËnche sich weihen, Zwar nicht etwa dem Herren zu dienen, er diente dem Magen, Zehrte das Kloster fast auf; man reicht’ ihm f¸r sechse zu essen, Alles war ihm zu wenig, er klagte mir Hunger und Kummer. Endlich erbarmet’ es mich, als ich ihn mager und krank sah, Half ihm treulich davon, er ist mein naher Verwandter. Und nun hab ich darum den Bann des Papstes verschuldet, MËchte nun ohne Verzug, mit Eurem Wissen und Willen, Meine Seele beraten und morgen mit Aufgang der Sonne, Gnad und Ablaï¬ zu suchen, nach Rom mich als Pilger begeben Und von dannen ¸ber das Meer; so werden die S¸nden Alle von mir genommen, und kehr ich wieder nach Hause, Darf ich mit Ehren neben Euch gehn. Doch tâ°t ich es heute. W¸rde jeglicher sagen: Wie treibt es jetzo der KËnig Wieder mit Reineken, den er vor kurzem zum Tode verurteilt; Und der ¸ber das alles im Bann des Papstes verstrickt ist! Gnâ°diger Herr, Ihr seht es wohl ein, wir lassen es lieber.
Wahr, versetzte der KËnig darauf: das konnt ich nicht wissen. Bist du im Banne, so wâ°r mirs ein Vorwurf, dich mit mir zu f¸hren, Lampe kann mich oder ein andrer zum Borne begleiten. Aber, Reineke, daï¬ du vom Banne dich suchst zu befreien, Find ich n¸tzlich und gut. Ich gebe dir gnâ°digen Urlaub, Morgen beizeiten zu gehn; ich will die Wallfahrt nicht hindern. Denn mir scheint, Ihr wollt Euch bekehren vom BËsen zum Guten. Gott gesegne den Vorsatz und laï¬ Euch die Reise vollbringen!
Sechster Gesang
So gelangte Reineke wieder zur Gnade des KËnigs. Und es trat der KËnig hervor auf erhabene Stâ°tte, Sprach vom Steine herab und hieï¬ die sâ°mtlichen Tiere Stille schweigen; sie sollten ins Gras nach Stand und Geburt sich Niederlassen. Und Reineke stand an der KËnigin Seite; Aber der KËnig begann mit groï¬em Bedachte zu sprechen:
Schweiget und hËret mich an, zusammen VËgel und Tiere, Arm’ und Reiche, hËret mich an, ihr Groï¬en und Kleinen, Meine Baronen und meine Genossen des Hofes und Hauses! Reineke steht hier in meiner Gewalt; man dachte vor kurzem, Ihn zu hâ°ngen, doch hat er bei Hofe so manches Geheimnis Dargetan, daï¬ ich ihm glaube und wohlbedâ°chtlich die Huld ihm Wieder schenke. So hat auch die KËnigin, meine Gemahlin, Sehr gebeten f¸r ihn, so daï¬ ich ihm g¸nstig geworden, Mich ihm vËllig versËhnet und Leib und Leben und G¸ter Frei ihm gegeben. Es sch¸tzt ihn fortan und schirmt ihn mein Friede; Nun sei allen zusammen bei Leibesleben geboten: Reineken sollt ihr ¸berall ehren mit Weib und mit Kindern, Wo sie euch immer bei Tag oder Nacht k¸nftig begegnen. Ferner hËr ich von Reinekens Dingen nicht weitere Klage; Hat er ¸bels getan, so ist es vor¸ber; er wird sich Bessern und tut es gewiï¬. Denn morgen wird er beizeiten Stab und Râ°nzel ergreifen, als frommer Pilger nach Rom gehn Und von dannen ¸ber das Meer; auch kommt er nicht wieder, Bis er vollkommenen Ablaï¬ der s¸ndigen Taten erlangt hat.
Hinze wandte sich drauf zu Braun und Isegrim zornig: Nun ist M¸he und Arbeit verloren! so rief er: o wâ°r ich Weit von hier! Ist Reineke wieder zu Gnaden gekommen, Braucht er jegliche Kunst, uns alle drei zu verderben. Um ein Auge bin ich gebracht, ich f¸rchte f¸rs andre!
Guter Rat ist teuer, versetzte der Braune: das seh ich. Isegrim sagte dagegen: Das Ding ist seltsam! wir wollen Grad zum KËnige gehn. Er trat verdrieï¬lich mit Braunen Gleich vor KËnig und KËnigin auf, sie redeten vieles Wider Reineken, redeten heftig; da sagte der KËnig: HËrtet Ihrs nicht? Ich hab ihn aufs neue zu Gnaden empfangen. Zornig sagt’ es der KËnig und lieï¬ im Augenblick beide Fahen, binden und schlieï¬en; denn er gedachte der Worte, Die er von Reineken hatte vernommen, und ihres Verrates.
So verâ°nderte sich in dieser Stunde die Sache Reinekens vËllig. Er machte sich los, und seine Verklâ°ger Wurden zuschanden; er wuï¬te sogar es t¸ckisch zu lenken, Daï¬ man dem Bâ°ren ein St¸ck von seinem Felle herabzog, Fuï¬lang, fuï¬breit, daï¬ auf die Reise daraus ihm ein Râ°nzel Fertig w¸rde; so schien zum Pilger ihm wenig zu fehlen. Aber die KËnigin bat er, auch Schuh ihm zu schaffen, und sagte: Ihr erkennt mich, gnâ°dige Frau, nun einmal f¸r Euren Pilger; helfet mir nun, daï¬ ich die Reise vollbringe. Isegrim hat vier t¸chtige Schuhe, da wâ°r es wohl billig, Daï¬ er ein Paar mir davon zu meinem Wege verlieï¬e; Schafft mir sie, gnâ°dige Frau, durch meinen Herren, den KËnig. Auch entbehrte Frau Gieremund wohl ein Paar von den ihren, Denn als Hausfrau bleibt sie doch meist in ihrem Gemache.
Diese Forderung fand die KËnigin billig. Sie kËnnen Jedes wahrlich ein Paar entbehren! sagte sie gnâ°dig. Reineke dankte darauf und sagte mit freudiger Beugung: Krieg ich doch nun vier t¸chtige Schuhe, da will ich nicht zaudern. Alles Guten, was ich sofort als Pilger vollbringe, Werdet Ihr teilhaft gewiï¬, Ihr und mein gnâ°diger KËnig. Auf der Wallfahrt sind wir verpflichtet, f¸r alle zu beten, Die uns irgend geholfen. Es lohne Gott Euch die Milde!
An den vorderen F¸ï¬en verlor Herr Isegrim also Seine Schuhe bis an die Knorren; desgleichen verschonte Man Frau Gieremund nicht, sie muï¬te die hintersten lassen.
So verloren sie beide die Haut und Klauen der F¸ï¬e, Lagen erbâ°rmlich mit Braunen zusammen und dachten zu sterben; Aber der Heuchler hatte die Schuh und das Râ°nzel gewonnen, Trat herzu und spottete noch besonders der WËlfin: Liebe, Gute! sagt’ er zu ihr: da sehet, wie zierlich Eure Schuhe mir stehn, ich hoffe, sie sollen auch dauern. Manche M¸he gabt Ihr Euch schon zu meinem Verderben, Aber ich habe mich wieder bem¸ht; es ist mir gelungen. Habt Ihr Freude gehabt, so kommt nun endlich die Reihe Wieder an mich; so pflegt es zu gehn, man weiï¬ sich zu fassen. Wenn ich nun reise, so kann ich mich tâ°glich der lieben Verwandten Dankbar erinnern; Ihr habt mir die Schuhe gefâ°llig gegeben, Und es soll Euch nicht reuen; was ich an Ablaï¬ verdiene, Teil ich mit Euch, ich hol ihn zu Rom und ¸ber dem Meere.
Und Frau Gieremund lag in groï¬en Schmerzen, sie konnte Fast nicht reden, doch griff sie sich an und sagte mit Seufzen: Unsre S¸nden zu strafen, lâ°ï¬t Gott Euch alles gelingen. Aber Isegrim lag und schwieg mit Braunen zusammen; Beide waren elend genug, gebunden, verwundet Und vom Feinde verspottet. Es fehlte Hinze, der Kater; Reineke w¸nschte so sehr, auch ihm das Wasser zu wâ°rmen.
Nun beschâ°ftigte sich der Heuchler am anderen Morgen, Gleich die Schuhe zu schmieren, die seine Verwandten verloren, Eilte, dem KËnige noch sich vorzustellen, und sagte: Euer Knecht ist bereit, den heiligen Weg zu betreten; Eurem Priester werdet Ihr nun in Gnaden befehlen, Daï¬ er mich segne, damit ich von hinnen mit Zuversicht scheide, Daï¬ mein Ausgang und Eingang gebenedeit sei! So sprach er. Und es hatte der KËnig den Widder zu seinem Kaplane; Alle geistlichen Dinge besorgt er, es braucht ihn der KËnig Auch zum Schreiber, man nennt ihn Bellyn. Da lieï¬ er ihn rufen, Sagte: Leset sogleich mir etliche heilige Worte â¹ber Reineken hier, ihn auf die Reise zu segnen, Die er vorhat; er gehet nach Rom und ¸ber das Wasser. Hâ°nget das Râ°nzel ihm um und gebt ihm den Stab in die Hâ°nde. Und es erwiderte drauf Bellyn: Herr KËnig, Ihr habet, Glaub ich, vernommen, daï¬ Reineke noch vom Banne nicht los ist. â¹bels w¸rd ich deswegen von meinem Bischof erdulden, Der es leichtlich erfâ°hrt und mich zu strafen Gewalt hat. Aber ich tue Reineken selbst nichts Grades noch Krummes. KËnnte man freilich die Sache vermitteln, und sollt es kein Vorwurf Mir beim Bischof, Herrn Ohnegrund, werden, z¸rnte nicht etwa Mir dar¸ber der Propst, Herr Losefund, oder der Dechant Rapiamus, ich segnet ihn gern nach Eurem Befehle.
Und der KËnig versetzte: Was soll das Reimen und Reden? Viele Worte laï¬t Ihr uns hËren und wenig dahinter. Leset Ihr ¸ber Reineke mir nicht Grades noch Krummes, Frag ich den Teufel darnach! Was geht mich der Bischof im Dom an? Reineke macht die Wallfahrt nach Rom, und wollt Ihr das hindern?
Ængstlich kraute Bellyn sich hinter den Ohren; er scheute Seines KËniges Zorn und fing sogleich aus dem Buch an â¹ber den Pilger zu lesen, doch dieser achtet’ es wenig. Was es mochte, half es denn auch; das kann man sich denken. Und nun war der Segen gelesen, da gab man ihm weiter Râ°nzel und Stab, der Pilger war fertig; so log er die Wallfahrt. Falsche Trâ°nen liefen dem Schelmen die Wangen herunter Und benetzten den Bart, als f¸hlt’ er die schmerzlichste Reue. Freilich schmerzt’ es ihn auch, daï¬ er nicht alle zusammen, Wie sie waren, ins Ungl¸ck gebracht und drei nur geschâ°ndet. Doch er stand und bat, sie mËchten alle getreulich F¸r ihn beten, so gut sie vermËchten. Er machte nun Anstalt, Fortzueilen, er f¸hlte sich schuldig und hatte zu f¸rchten. Reineke, sagte der KËnig: Ihr seid mir so eilig! Warum das?– Wer was Gutes beginnt, soll niemals weilen, versetzte Reineke drauf: ich bitt Euch um Urlaub, es ist die gerechte Stunde gekommen, gnâ°diger Herr, und lasset mich wandern. Habet Urlaub! sagte der KËnig, und also gebot er Sâ°mtlichen Herren des Hofes, dem falschen Pilger ein St¸ckchen Weges zu folgen und ihn zu begleiten. Es lagen indessen Braun und Isegrim, beide gefangen, in Jammer und Schmerzen.
Und so hatte denn Reineke wieder die Liebe des KËnigs VËllig gewonnen und ging mit groï¬en Ehren von Hofe, Schien mit Râ°nzel und Stab nach dem Heiligen Grabe zu wallen, Hatt er dort gleich so wenig zu tun, als ein Maibaum in Aachen. Ganz was anders f¸hrt’ er im Schilde. Nun war ihm gelungen, Einen flâ°chsenen Bart und eine wâ°chserne Nase Seinem KËnig zu drehen; es muï¬ten ihm alle Verklâ°ger Folgen, da er nun ging, und ihn mit Ehren begleiten. Und er konnte die T¸cke nicht lassen und sagte noch scheidend: Sorget, gnâ°diger Herr, daï¬ Euch die beiden Verrâ°ter Nicht entgehen, und haltet sie wohl im Kerker gebunden. W¸rden sie frei, sie lieï¬en nicht ab mit schâ°ndlichen Werken. Eurem Leben drohet Gefahr, Herr KËnig, bedenkt es!
Und so ging er dahin mit stillen, frommen Gebâ°rden, Mit einfâ°ltigem Wesen, als w¸ï¬t ers eben nicht anders. Drauf erhub sich der KËnig zur¸ck zu seinem Palaste, Sâ°mtliche Tiere folgten dahin. Nach seinem Befehle Hatten sie Reineken erst ein St¸ckchen Weges begleitet; Und es hatte der Schelm sich â°ngstlich und traurig gebâ°rdet, Daï¬ er manchen gutm¸tigen Mann zum Mitleid bewegte. Lampe, der Hase, besonders war sehr bek¸mmert. Wir sollen, Lieber Lampe, sagte der Schelm: und sollen wir scheiden? MËcht es Euch und Bellyn, dem Widder, heute belieben, Meine Straï¬e mit mir noch ferner zu wandeln! Ihr w¸rdet Mir durch eure Gesellschaft die grËï¬te Wohltat erzeigen. Ihr seid angenehme Begleiter und redliche Leute, Jedermann redet nur Gutes von euch, das brâ°chte mir Ehre; Geistlich seid ihr und heiliger Sitte. Ihr lebet gerade, Wie ich als Klausner gelebt. Ihr laï¬t euch mit Krâ°utern begn¸gen, Pfleget mit Laub und Gras den Hunger zu stillen, und fraget Nie nach Brot oder Fleisch, noch andrer besonderer Speise. Also konnt er mit Lob der beiden Schwâ°che betËren; Beide gingen mit ihm zu seiner Wohnung und sahen Malepartus, die Burg, und Reineke sagte zum Widder: Bleibet hierauï¬en, Bellyn, und laï¬t die Grâ°ser und Krâ°uter Nach Belieben Euch schmecken; es bringen diese Gebirge Manche Gewâ°chse hervor, gesund und guten Geschmackes. Lampen nehm ich mit mir; doch bittet ihn, daï¬ er mein Weib mir TrËsten mËge, die schon sich betr¸bt; und wird sie vernehmen, Daï¬ ich nach Rom als Pilger verreise, so wird sie verzweifeln. S¸ï¬e Worte brauchte der Fuchs, die zwei zu betr¸gen. Lampen f¸hrt’ er hinein, da fand er die traurige F¸chsin Liegen neben den Kindern, von groï¬er Sorge bezwungen: Denn sie glaubte nicht mehr, daï¬ Reineke sollte von Hofe Wiederkehren. Nun sah sie ihn aber mit Râ°nzel und Stabe; Wunderbar kam es ihr vor, und sagte: Reinhart, mein Lieber, Saget mir doch, wie ists Euch gegangen? Was habt Ihr erfahren? Und er sprach: Schon war ich verurteilt, gefangen, gebunden, Aber der KËnig bezeigte sich gnâ°dig, befreite mich wieder, Und ich zog als Pilger hinweg; es blieben zu B¸rgen Braun und Isegrim beide zur¸ck. Dann hat mir der KËnig Lampen zur S¸hne gegeben, und was wir nur wollen, geschieht ihm. Denn es sagte der KËnig zuletzt mit gutem Bescheide: Lampe war es, der dich verriet. So hat er wahrhaftig Groï¬e Strafe verdient und soll mir alles entgelten. Aber Lampe vernahm erschrocken die drohenden Worte, War verwirrt und wollte sich retten und eilte, zu fliehen. Reineke schnell vertrat ihm das Tor, es faï¬te der MËrder Bei dem Halse den Armen, der laut und grâ°ï¬lich um Hilfe Schrie: O helfet, Bellyn! Ich bin verloren! Der Pilger Bringt mich um! Doch schrie er nicht lange: denn Reineke hatt ihm Bald die Kehle zerrissen. Und so empfing er den Gastfreund. Kommt nun, sagt’ er: und essen wir schnell, denn fett ist der Hase,